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Dienstag, 12. Juli 2022

Was für Werte?!

So wie es während der Pandemie ständig der Begriff "Solidarität" viel zitiert wurde, sind es jetzt die sogenannten "westlichen Werte", die verteidigt werden müssen. Und so wie der Begriff der Solidarität zu etwas pervertiert wurde, das mehr bedingungslosem Gehorsam und Abgeben der Verantwortung und Entscheidungsgewalt für sich selbst gleicht, sieht es mit den westlichen Werten auch nicht so rosig aus. >>Auf dem Nato-Gipfel in Madrid hat die Türkei als Nato-Mitglied jetzt quasi indirekt eine Zustimmung zu ihren Besatzungsplänen erhalten. Erdogan hat eine dreißig Kilometer ins Landesinnere reichende Besetzung von Gebieten in Nord- und Ostsyrien angekündigt und wird diese Invasion mit Waffengewalt auch durchführen. Obwohl man das nicht billigt, hat sich niemand dagegen ausgesprochen, und zwar, weil man dafür von ihm die Zusage für den Beitritt Schwedens und Finnlands zur Nato erhalten hat, die er vorher verweigerte! Äh, wie jetzt? Wo bleibt der Aufschrei gegen die völkerrechtswidrigen Angriffe, Bombardierungen und die geplante Besatzung Syriens? Wo bleiben die Demos und Aufrufe, türkische Kultur zu vernichten? Syrien ist weit weg, niemanden interessiert es und wenn die Nato meint, es ist ok, ist es wohl auch ok. Wenn also jemand wie Erdogan völkerrechtswidrig ein anderes Land bombardiert und besetzt, redet man trotzdem mit ihm und drückt einfach mal ein Auge zu - schließlich bekommt man dafür ja etwas, nämlich seine Zusage für die Nato-Norderweiterung. Wenn aber Putin, dessen Land nicht in der Nato ist, völkerrechtswidrig Länder bombardiert und besetzt, darf man mit so jemandem überhaupt gar nicht reden oder verhandeln und soll quasi die "westlichen Werte" bis zum eigenen Untergang der Wirtschaft verteidigen, weil die USA es so will.

Also ehrlich, solche Werte sind vollkommen für'n Arsch, um das mal so salopp auszudrücken. Wenn diese berühmten Werte nur darin bestehen, daß jemand anderes entscheidet, was richtig und was falsch ist, dann sind das keine Werte, sondern eben die Ziele des anderen, die jener durchsetzen möchte. Und wenn man sich durch Russland bedroht fühlt, aber sich auf das hohe moralische Roß setzt, obwohl man es ganz genau so macht, bzw. in seinen Reihen duldet, weil man dafür etwas bekommt, dann ist das Heuchelei. Diese ganzen Maßnahmen dienen dann nicht der Verteidigung der "westlichen Werte", wie es hochtrabend genannt wird, sondern schlicht und ergreifend der Abwehr von Angst. Und für die Abwehr der Angst führt man einen neuen kalten Krieg, der aber diesmal mit Nato-Erweiterungsoptionen und dafür eingetauschten heißen Kriegen mit geopferten Menschenleben geführt wird. Allerdings kann man in der Regel durch die wilde Abwehr von Angst keine Probleme lösen.

Ich habe ja inzwischen den Eindruck, daß Deutschland von anderen Ländern kaum noch für voll genommen wird, und das kann ich denen nicht verdenken. Ein Land das das Rückgrat einer Amöbe hat, wenn es um eigene Interessen geht, sich ausplündern läßt wie eine Weihnachtsgans, als Hampelmann für die USA fungiert und zudem die Konfliktkompetenz eines Kindergartens hat, das kann wohl kaum jemand für voll nehmen, selbst in der eigenen Bevölkerung nicht. 

Einen Außenministerin, die erst verkündet, sie wolle nicht mit dem Typen, d.h. Lawrow, reden, aber dann beleidigt ist, wenn sie ignoriert wird und ihm Gesprächsverweigerung vorwirft, ist schon selten albern. Meint sie wirklich, das Liebesentzug bei einem gestandenen Militär erzieherische Wirkung zeigt? Glaubt sie, daß er irgendwann zu Kreuze gekrochen kommt und bettelt: "Bitte rede wieder mit mir?" Das funktioniert vielleicht bei ihren Kindern, aber nicht bei ausgewachsenen Männern in Machtpositionen. So sehr ich das als persönliche Reaktion verstehen kann, aber als Politiker, der Verantwortung für Krieg und Frieden trägt, und damit für Millionen von Menschen, sollte man schon die Fähigkeit besitzen, solche Animositäten gegenüber Menschen, die mir nichts persönlich getan haben, beiseite zu lassen. Und es wäre auch hilfreich, von diesem hohen moralischen Roß abzusteigen, das im besten Fall nichts anderes ist, als ein klappriger Esel, vielleicht aber auch gar nicht existiert, da der Westen moralisch genauso verkommen ist wie Russland, dies aber gerne unter den Teppich kehrt. Und schon befindet man sich wieder auf Augenhöhe, das ist genau dort, wo Gespräche beginnen. Mit Erdogan geht das komischerweise. 

Das einzige, was ich der drohenden Wirtschaftskrise und der drohenden Armut positiv abgewinnen kann, ist, daß ich wirklich zu neugierig bin, welche anderen Ländern wohl bereit wären, für uns einen Rettungsschirm zu schnüren. Schließlich haben wir für andere auch immer großzügig unseren Wohlstand verteilt. Und diesen trotzigen Kampf führen wir ja nicht nur für uns, sondern für alle westlichen Länder. Das wäre doch tatsächlich mal sehr interessant zu erfahren.  

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