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Donnerstag, 8. November 2018

Eine lange Nacht

habe ich hinter mir: erst zum Zumba, danach einkaufen und gleich vom Supermarkt noch in den Steuerverein, um das Finanzamt mit einem Einspruch und diversen Anträgen zu beglücken. Ca. um 23 Uhr war ich endlich zuhause, habe aber nicht mehr geschafft, noch etwas zu essen. Und das nach dem Training. Da ich tagsüber nur ein Müsli und eine Banane zu mir genommen hatte, hat sich das unfreiwillige Fasten anscheinend gelohnt, denn jetzt wiege ich 64 kg. Ins Bett gekommen bin ich aber erst nachts um 3 Uhr, d.h. Schlaffasten war ebenfalls angesagt.

Das Zumba-Training nervt mich immer mehr. Wenn ich nicht so wahnsinnig gerne tanzen würde und das nicht nur alleine in mein winzigen Küche tun möchte, würde ich schon lange nicht mehr hingehen. Aber so langsam frage ich mich, was eigentlich an letzterem tatsächlich so schlimm wäre. Im Grunde hat das viel weniger Nachteile als Vorteile. Vor allem muß ich nicht irgendwelche zwanghaften Erwartungen erfüllen und eine Show abziehen, und das noch, obwohl man kaum eine Chance hat, sich die Choreografien zu merken und einem nicht jede Musik gefällt. Klar ist Zumba dafür konzipiert, eben keine Choreos lernen zu müssen, sondern einfach abzugucken, aber das Tanzen macht dann eben auch nur halb so viel Spaß, weil man im Fluß immer unterbrochen wird und noch übler wird es, wenn man nicht immer alles sieht. In meiner Küche darf ich so sein wie ich bin und so tanzen wie ich gerade möchte und drauf bin. Ich darf wilde Parties, aber auch schwarze Messen feiern. Ich darf ernsthaft trainieren oder auch kindlich spielen. Und wenn ich Shows abziehe dann nur die, auf die ich selbst gerade Lust habe. Ich kann Choreos durchtanzen ohne rausgerissen zu werden, und noch besser, es sind inzwischen zum größten Teil sogar meine eigenen oder für mich abgewandelte. Ich merke außerdem, daß ich viele Choreos, die ich mal gelernt habe, bevor ich mir selbst welche bastelte, gar nicht mehr gerne tanze, sondern viel lieber zu denen tendiere, die mir entsprechen. Die spicke ich durchaus auch mit Herausforderungen, es soll ja nicht zu leicht sein, aber es sind dann eben meine Herausforderungen, auf die ich wirklich Lust habe.
Ich glaube, als professioneller Bühnentänzer wäre ich die totale Fehlbesetzung, weil ich einfach einen Widerwillen dagegen habe, die Erwartungen anderer zu erfüllen und überhaupt Erwartungen übergestülpt zu bekommen. Gerade beim Tanzen merke ich das besonders stark, vermutlich weil Tanzen eben eine Quelle der Kraft für mich ist. Sobald man aber etwas tut, um anderen zu gefallen, raubt das die Energie. Zuallererst möchte ich mir selbst gefallen und Freude haben an dem, was ich mache. Wenn es dann noch anderen gefällt, um so besser. Aber nicht andersherum. Freude ist der schönste Lohn und die schönste Anerkennung für alles. Viel besser als jeder Applaus. Ist nur anstrengend, daß es Leute gibt, die daraus dann wieder eine Erwartung machen, indem sie woanders suchen als bei sich selbst.

Zum Einkauf nach dem Zumba war ich in jenem Hipster-Supermarkt, der glücklicherweise so spät noch geöffnet hat. Eigentlich gehe ich dort nicht gerne hin, weil das Sortiment denkbar klein ist, mindestens ebenso klein wie die Gänge, aber man dafür die ganze Zeit mit Musik vollgedudelt wird. Gestern spielte jedoch eines meiner Lieblings-Lieblingslieder aus den tiefsten 90ern. Da möchte man am liebsten den Einkaufskorb wegschmeißen und noch eine Runde Zumba tanzen. Ich habe für dieses Lied sogar mal eine Choreo verfasst, die ich aber wieder vergessen und nicht lange geübt habe. Meist bedeutet das dann, daß mir die Choreo in einigen Punkten nicht richtig entspricht und für mich stimmig ist. Und der Supermarkt versöhnte mich auch damit, daß die Kassiererin mich mit "Du" anredete. Ich bin so voll Hipster...

 

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