Wenn man nach den Festtagen mal wieder rechtschaffen seinen Blutdruck erhöhen will, muß man nur einen Blick in die Welt, bzw. die Schlagzeilen werfen. Es funktioniert. Das Jahr fängt schon mal mit einem Skandal an - >>die elektronische Patientenakte wurde gehackt und auf einem Kongress der Hacker wurde öffentlich erklärt, daß auf jede einzelne der Millionen Akten leicht und auf unterschiedliche Weise unautorisiert zugegriffen werden kann. Nun ja, während Corona hat man daran gearbeitet, die Arzneimittelsicherheit zu schrotten, was im übrigen noch immer nicht zurückgenommen wurde, sondern so bleibt, Mit dem Arztgeheimnis hat man vermutlich dasselbe auch bald geschafft. Interessant dabei finde ich, daß in einem >>Gutachten des Fraunhofer-Institutes, welches der Patientenakte Sicherheit bescheinigen soll, der potentielle Angriff durch Geheimdienste ausgespart wurde, da dies nicht relevant sei. Heißt das, wenn ein künftiger Bundeskanzler eine Patientenakte anlegen läßt (oder auch seine Opponenten), die ja ebenfalls für Privatpatienten gilt, ist es nicht relevant, ob irgendein Geheimdient ausspionieren kann, daß diese Person z.B. leicht mit einer Nußallergie aus dem Weg zu räumen ist? Ach richtig, sowas machen Geheimdienste ja nicht. Ich habe zu viele James-Bond-Filme gesehen.
Wirklich süß finde ich es, wenn genau dieselben Leute, die die neuen Möglichkeiten der digitalen Patientenakte in den höchsten Tönen loben, sofort die Augenbrauen hochziehen, wenn ich von meiner Smartwatch erzähle und davon, daß ich Gesundheitsdaten von mir tracken lasse. Man wisse doch nicht, wo die Daten landen und wer da alles "mittrackt". Na ja, also wenn nur verbunden mit einer Emailadresse irgendwo meine Schlafstunden, Schrittanzahl, mein Stresslevel, Herzfrequenz und Gewicht herumgeistern, ist mir das relativ egal. Mehr als zu Statistik oder Werbung kann man das wohl kaum gebrauchen. Aber wenn verbunden mit meinem Klarnamen jeder Zugriff auf meine Krankengeschichte und meine "wunden Punkte" hätte, hätte ich schon etwas dagegen. Das ist ja ein gewaltiger Unterschied. Seltsamerweise sind es tatsächlich oft ein und dieselben bei mir, die sich für die ePA begeistern, aber vor Smartwatches warnen. Das hat mich anfangs ziemlich verwirrt, weil ich mir nicht erklären konnte, woher diese so unterschiedliche Bewertung kommt. Dann fiel mir aber der gemeinsame Nenner ein bei dieser Gleichung und plötzlich stimmt alles. Der gemeinsame Nenner heißt "Bequemlichkeit". Leute, die keine Smartwatches tragen, mögen diese meist auch nicht, vermutlich weil es ihnen übertrieben scheint, sich so viel mit der eigenen Gesundheit zu beschäftigen und weil es halt auch unbequem ist. Die ePA dagegen ist etwas, was der Bequemlichkeit der Leute wieder sehr entgegen kommt. Man muß nichts mehr aufheben, raussuchen, im Kopf behalten, übermitteln usw. usf. Das heißt, all die Argumente für oder gegen etwas, sind gar nicht die wirklichen Gründe, warum man etwas gut findet oder nicht, sondern der wahre Antrieb dahinter ist, daß man alles das gut findet, was für einen selbst am bequemsten ist. Das wurde ja schon während Corona sehr deutlich.
Ich bin nun selbst absolut kein Bequemlichkeitsverächter. Ich liebe sie auch, wer eigentlich nicht? Aber noch mehr liebe ich es halt, wenn mein Körper auf die leichtmöglichste Art und Weise alles das mitmacht, was ich gerne tun möchte und mit meinen quirligen Einfällen mithalten kann. So lange man jung ist, scheint das allein mit Bequemlichkeit gut zu funktionieren. Doch wenn man erstmal in meinem Alter ist, merkt man, daß man etwas tun muß, damit es so bleibt oder wieder so wird. Und das ist mir dann eine zeitweise Unbequemlichkeit durchaus wert. Das Gute ist ja: Man muß sich gar nicht entscheiden! Man kann sowohl in ausgewählten Bereichen der Bequemlichkeit frönen und sich trotzdem durch bestmögliche Gesundheit die Möglichkeiten offen halten. Warum sich entscheiden, wenn man alles haben kann? Wenn ich einige belebende Unbequemlichkeiten genossen habe, kann ich jedenfalls sehr viel entspannter meine Lieblingsserie auf der Couch anschauen. Und auch ich liebe Effizienz und kurze Wege, aber halt mit Grenzen, die mir meine anderen wichtigen Bedürfnisse aufzeigen, welche die Bequemlichkeit nicht über alles setzen. Bequemlichkeit um jeden Preis ist das Ende von allem. Statt um irgendwelche digitalen Bequemlichkeiten sollte man sich vielleicht lieber darum kümmern, den Niedergang des gesetzlichen Krankenkassensystems aufzuhalten:
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