Der Frühling ist ausgebrochen, aber gewaltig. Morgen bis zu 18 Grad in Berlin. Überall sind die Krokusse auf den Wiesen zu sehen. Ich bin noch gar nicht bereit dafür. Gerade hatte ich mich an das schummrige Kerzenlicht gewöhnt und jetzt ist es schon wieder so hell, daß ich mich gezwungen fühle, aktiver zu werden, aber gleichzeitig zu müde dazu bin. Na ja, Frühling war noch nie meine Jahreszeit. Genauer gesagt rangiert Frühling bei mir in der Rangfolge der Lieblingsjahreszeiten ganz unten: Sommer, Winter, Herbst, Frühling. Den Übergang vom Winter zum Sommer empfinde ich als deutlich lästiger als umgekehrt vom Sommer zum Winter. Man selbst sieht käsig aus, die Wohnung staubig, man fängt an zu schwitzen, man weiß nicht mehr, was man anziehen soll und es ist ja auch immer Grippesaison, von der ich allerdings zum Glück nichts merke. Ich bin, wie gesagt, nur müde, und jetzt teilweise wieder vor null Uhr im Bett. Für einen Friedensausbruch jedoch wäre ich immer bereit, außer ich hätte Rheinmetall-Aktien geordert. Habe ich aber nicht - ich glaube, ich könnte mich dann nicht mehr im Spiegel anschauen.
Die Kassiererin im Supermarkt hat heute allen Frauen einen schönen Frauentag gewünscht. Der ist eigentlich erst übermorgen, aber anscheinend hatte sie schon so richtig Bock auf Frauentag. Sie wollte auch nur 14 EUR für meinen halbvollen Wagen haben und ich hatte einen kleinen Moment lang den Gedanken, daß ich heute früh in einer Parallelwelt erwacht bin oder vielleicht zwanzig Jahre früher in der Vergangenheit, so wie in Twin Peaks. Dem war aber nicht so, sie freute sich nur so auf den Frauentag, daß sie sich versprochen hatte, es waren dann doch 47 EUR. Ich habe außerdem mal veganes Dönerfleisch ausprobiert, aber ohne lange Zutatenliste und ohne Weizen, Whey oder sowas, sonst würde ich das nicht kaufen, es war hauptsächlich Erbsenprotein. Und ich muß sagen, ich war verblüfft: Das Zeug ist in der Pfanne genauso winzig zusammengeschrumpft wie echtes Fleisch. Erstaunlich, diese Ähnlichkeit. Die würde man sich eher in der Konsistenz wünschen.
Wenn ich bei mir aus dem Fenster schaue und etwas weiter entfernt diese beiden schmalen, hellen Bäume sehe, frage ich mich jetzt übrigens immer, ob ich dort den Eingang zum Red Room finden würde:
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