Gestern war ich nach langer Zeit mal wieder auf dem Festival of Lights unterwegs. Eigentlich nur weil es regnete - das gibt schöneres Licht und machte Hoffnung, daß es nicht ganz so überlaufen sein wird. Letztere zerschlug sich aber und ich hielt mich auf meiner Route meist etwas abseits an der Spree entlang. Das ist abends allerdings nicht wirklich eine Freude, weil die Unterführungen unter den breiten Straßen stockduster sind, so daß man gar nicht sieht, wo man hintritt. Nur eine Unterführung ist beleuchtet, nämlich die am Berliner Dom, und als ich diese betrat, dachte ich erst, die sei bis oben hin mit Müll zugestapelt, bis ich bemerkte, daß sich im Müll etwas bewegte. Es war eine ganze unterirdische "Stadt" voller Obdachloser. Ich glaube, die haben sich da schon übereinander gestapelt. So etwas habe ich noch nie in meinem Leben gesehen, bzw. bisher nur in Filmen. Ich hätte nie gedacht, daß so etwas in Deutschland existiert. Man merkt, daß ich hinter dem Mond lebe, denn ich war schon eine ganze Weile nicht mehr auf dieser Strecke unterwegs. Zwar sehe ich auch bei mir mehr Obdachlose und den ein oder anderen mit Stammplatz unter der Brücke, aber solche Slums hätte ich nie im Leben erwartet. Vor zehn Jahren gab es das definitiv noch nicht. Und als Frau alleine durch so einen Slum zu gehen, macht nicht gerade Spaß. Ich hätte beinahe eine glimmende Zigarettenkippe abbekommen. Vermutlich sind deshalb die anderen Unterführungen alle dunkel, weil sich sonst dort wohl ebenfalls viele "Untermieter" einquartieren würden. Sie scheinen Licht zu bevorzugen. Da fragt man sich aber, wie es sein kann, daß alles mit neuen Flüchtlingsquartieren zugepflastert wird, aber Deutsche (die sahen alle deutsch aus) jetzt unter der Brücke hausen. Vielleicht sollte Merz ihnen mal einen persönlichen Besuch abstatten und sie fragen. (Erst gestern wurden über eine Milliarde Euro zusätzlich locker gemacht für die Unterbringung von Migranten - es ist für alles Geld da, nur die Prioritäten stimmen nicht.) Ich war jedenfalls völlig entsetzt und werde wohl das letzte Mal diese Route an der Spree gegangen sein. So viel geballte "Clochard-Romantik" vertrage ich nicht. Oben hat man nur ab und zu mal jemanden auf einer Bank liegen sehen und einer saß vor einem Eingang und hat Gedichte angeboten, die er anscheinend aus dem Stehgreif zu jedem Thema dichtete. Da er nach verwahrlostem Obdachlosen aussah, hatte aber niemand Interesse. Die Touristen werden sich denken - so weit ist es schon im Land der Dichter und Denker, daß die Dichter ihre Fähigkeiten ohne Dach über dem Kopf auf der Straße anbieten müssen.
Nach dem Berliner Dom gibt es an der Spree keine Unterführungen mehr, aber dafür andere seltsame Sachen. Zum Beispiel eine Straße, die über eine Brücke führt, doch am Ufer auf beiden Straßenseiten mit Straßengittern zugebaut wurde, besser gesagt, die ganze Kreuzung, so daß man auf einer Seite über die Brücke muß und auf der anderen Seite wieder zurück über die Brücke, um auf die andere Straßenseite zu gelangen (außer man klettert über die Gitter drüber oder steigt durch). Vermutlich ist das so eine Art Zwangsbeglückung mit der Aussicht auf die Spree und die Museumsinsel. In Deutschland ist eben alles reglementiert, sogar welchen Weg an der Spree man einzuschlagen hat. Dafür bot sich mir an der Raubritterburg aber eine positive Überraschung, denn man kann an dieser wieder frei vorbei zum Brandenburger Tor gehen, ohne weite Umwege um sie herum gehen zu müssen. Ganz lange war da ständig alles abgesperrt. Und bis man am Spreeufer zum nächsten Aufgang kommt, das ist noch eine ordentliche Strecke. Früher hat sich die Strecke gelohnt, weil sie eine tolle Nacht-Skyline von Berlin inklusive Fernsehturm bot, aber inzwischen ist diese Skyline mit Regierungsgebäuden zugebaut. >>Dieses Foto wurde vor mehr als zwanzig Jahren aufgenommen, nämlich 2004.
Alles in allem ging meine Route über 15 km. Um halb zwölf war ich zu Hause und warf erstmal eine große Portion Pommes in die Heißluftfritteuse. Fast wie früher, wenn ich häufiger so spät nach Hause gekommen bin. Ich habe mal aus Neugier das Gadget mit der dynamischen Streckenverfolgung ausprobiert. Damit könnt ihr die Route als kurzes Video nachverfolgen.
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