Auf dem letzten Loch pfeifen

Ich hatte ja bereits in den Monaten vor der Reise durch gewisse widrige Umstände noch einige Kilo abgenommen. Daß dies auch Nachteile haben kann, stellte ich beim Kofferpacken fest. Schon in den letzten Jahren mußte ich meine Lieblings-Sommerhosen, die glücklicherweise mit Bindeband ausgestattet sind, alle mehr oder weniger an meiner Taille festbinden, damit ich sie nicht verliere. Doch diesmal ging auch das nicht mehr wirklich, ohne daß es sehr komisch aussieht, d.h. ich kann sie jetzt nicht mehr tragen. Leider gibt es solche Modelle, mit speziellem weiten Schnitt, den modischen Details und dazu noch Leinenanteil zur Zeit überhaupt nirgends. Viele sehen das als erfreulich, wenn sie abnehmen und sich tolle neue Klamotten kaufen können. Ich finde es eher ärgerlich, zum einen weil die wirklich guten Sachen, sowohl von Schnitt, Stoff, Verarbeitung und Erscheinung sehr rar gesät sind. Da geht man nicht einfach mal so in den Laden. In all den Boutiquen in die man nämlich geht, hängen meist nur ähnliche Klamotten rum und wenn ich spezielle Wünsche habe, die gerade nicht en vogue sind, wobei mir Mode komplett am A... vorbei geht, weil ich selbst bestimme, was mir gefällt,  ist das wie eine Stecknadel im Heuhaufen zu suchen. Auch online sieht es meist nicht anders aus, obwohl die Auswahl an sich größer, manchmal sogar unüberschaubar ist und das Herumstöbern immer zeitintensiv. Wer Shoppen als Hobby hat, dem macht das wahrscheinlich nichts aus. Aber ich hasse shoppen!

Und ich kann mich von meinen alten Hosen nicht trennen, nicht von meinen Lieblingsmodellen, obwohl die Wahrscheinlichkeit gering ist, daß ich noch einmal so zulege, daß sie erneut richtig passen, zumindest nicht, wenn ich weiterhin tanze, was ich definitiv vorhabe. Da müßten schon schicksalsbedingte negative Umstände eintreten, damit ich das jahrelang überhaupt nicht mehr schaffe. Nachdem ich die Reiseklamotten gewaschen hatte, ging ich bei der Gelegenheit gleich mal wieder durch den Kleiderschrank (nicht im wörtlichen Sinn - so groß ist der nicht!) und probierte alles an. Einiges an Hosen, die mir inzwischen viel zu groß sind und keine unbedingten Lieblingsmodelle, habe ich aussortiert  Aber die Lieblingshosen werde ich jetzt wohl noch ewig darin lagern. So wie auch die eine Hose aus meinen Fünfundzwanzigern, die ich ebenfalls anprobierte. Und ich kriege sie inzwischen zu, allerdings sitzt sie immer noch eigentlich viel zu eng, was beweist, daß ich damals noch dünner gewesen bin als jetzt. Kaum vorstellbar! Nach der Reise stellte ich außerdem fest, daß ich vom vierten Loch in meinem Gürtel nun noch weiter nach innen zum fünften Loch gerutscht bin. (Ganz am Anfang meiner sportlichen "Reise" hatte mir der Gürtel gar nicht mehr gepaßt, ich brauchte ihn aber auch nicht, da alles eng genug saß.) Und da wurde mir schlagartig klar, welche Bewandnis es mit der Redewendung "auf dem letzten Loch pfeifen" hat. Es ist nämlich nur noch ein Loch da, das letzte Loch, und wenn das nicht mehr paßt, dann geht gar nichts mehr. Manchmal braucht es eben die eigene praktische Anschauung, damit man gewisse Redewendungen vollkommen bis in die Tiefe durchdringt. Wobei ich keine Ahnung habe, ob das die wirkliche Erklärung für diese Redewendung ist, aber mir reicht sie. Alles andere muß ich nicht wissen!

Gestern habe ich aus diesem Grund ein wenig Second Hand gestöbert und ziemlich viele Sachen zur Auswahl bestellt (leider auch solche, die ich eigentlich nicht brauche). Mal schauen, ob da ein paar Schätze dabei sind, die zu neuen Lieblingsstücken werden.