>>Den Beitragstitel habe ich mir vom gleichnamigen Buch von Josef Kirschner geklaut, das mir heute wieder beim Aufräumen in die Hände gefallen ist. Und ich finde, da stehen gerade für die jetzige Zeit ziemlich wertvolle Dinge drin. Allerdings ist es etwas wirr und unstrukturiert geschrieben, weshalb ich mir meine eigenen strukturierten Gedanken dazu gemacht habe:
1. Jeder Mensch besitzt ein Ego und ist ein Egoist, denn das Ego wirkt stets sowohl bewußt als auch unbewußt.
2. Das Ego an sich ist erst einmal etwas grundlegend Gutes, denn es ist unser Instinkt, der für das Überleben und die Erfüllung unserer Bedürfnisse sorgt und sofort Alarm schlägt, wenn irgendwo ein Mangel herrscht oder eine Gefahr auftaucht.
3. Die meisten Menschen leben ihr Ego unbewußt, d.h. sie identifizieren sich damit und werden dadurch von ihrem Ego angetrieben bis hin zu sehr schädlichen Verhaltensweisen.
4. Schädliche Verhaltensweisen können sich in aktiver und passiver Form zeigen. Ein aktiv negativer Egoist mißbraucht, manipuliert und unterdrückt andere zur Erfüllung seiner eigenen Bedürfnisse, sei es Sicherheit, Selbstwert oder Materielles. Dies sind auch die Menschen, die gerne Egoismus bei anderen als etwas Negatives kritisieren. Und auf sie springen besonders leicht passiv negative Egoisten an, d.h. Menschen, die sich unterwerfen, opfern und ihre eigenen Bedürfnisse verleugnen. Die Angst haben, als Egoist zu gelten. Allerdings tun sie das eben auch aus Egoismus, nämlich um Bedürfnisse wie Sicherheit, Zugehörigkeit, Anerkennung usw. zu stillen.
5. Sobald man sich seines Egos bewußt wird, es annimmt und integriert, erkennt man dessen destruktiven Verhaltensweisen, die sowohl aktiv als auch passiv zu emotionaler Abhängigkeit, Frustration und Energieverlust führen. Das ist die Chance für einen neuen positiven Egoismus. Denn wenn man sieht, welchen Preis man dafür bezahlt, daß man sich auf diese Weise Sicherheit oder anderes verschafft, möchte man nicht mehr dahin zurück und macht damit die Bahn frei für wahre Selbstverwirklichung, die ebenfalls ein menschliches Bedürfnis ist.
6. Auf positive Weise gelebt äußert sich das Ego jetzt in der Entscheidung zu einer radikalen Übernahme der Verantwortung für sich selbst, statt die Verantwortung anderen zu überlassen und sich dadurch abhängig zu machen. Dies geschieht durch konsequente Selbstfürsorge, die aber anderen dieses Recht auf Selbstfürsorge und Selbstverantwortung genauso zugesteht, da die eigene Bedürfniserfüllung nicht mehr primär auf dem Verhalten anderer beruht.
7. Aus der Fülle der inneren Freiheit heraus, hat man mehr zu geben und gibt automatisch mehr, als wenn man sich selbst beschränkt, ignoriert und klein hält, um anderen zu gefallen, oder aber Angst haben muß, seine Macht über andere zu verlieren. Es kommt also allen zugute. Gleichzeitig kann man aber auch konsequent 'Nein' sagen, wo es darum geht die eigene Energie zu beschützen, und gibt somit anderen die Chance, ebenfalls mehr Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.
8. Kurz gesagt: negativer Egoismus ist durch destruktive Verhaltensweisen gekennzeichnet, wie Dominanz, Unterwerfung, Machtmißbrauch, Manipulation, Aufopferung, Selbstverleugnung - positiver Egoismus dagegen ist reine Selbstfürsorge, die nicht Erwartungen an das Verhalten oder die Meinung anderer primär zur Grundlage, bzw. als Ziel hat, und genau deshalb sich selbst als auch anderen maximalen Respekt und Freiheit schenkt.
Aber hier noch ein paar Ausschnitte aus dem Buch:
"Was immer auch von der Notwendigkeit geredet wird, sich der Mitwelt anzupassen, es sollte niemanden darüber hinwegtäuschen, daß nur wir selbst für uns verantwortlich sind. Es mag für einige Zeit Befriedigung bringen, unsere Ideen, unsere ganze Arbeitskraft und unseren Leistungswillen für Ziele einzusetzen, die andere festgelegt haben. Wenn wir aber nichts mehr zu geben haben, wird sich niemand mehr um uns kümmern....Deshalb ist es das Recht jedes einzelnen, sich seiner eigenen Wünsche und Ziele, seiner wahren Bedürfnisse und Freuden bewußt zu werden und sie sich jeden Tag zu erfüllen. Damit er sich nicht eines Tages sagen muß: Ich habe gelebt, aber es war nicht mein Leben....
...Wir leben in einer Zeit, in der immer mehr Menschen immer weniger Zeit für jene Dinge haben, die für sie wichtig sind. Das hat verschiedene Gründe. Zwei davon sind:
- Sie machen sich so sehr vom Urteil anderer abhängig, daß sie selbst nicht mehr unterscheiden können, was für sie wirklich wichtig ist und was nicht. Sie halten vieles nur deshalb für wichtig, weil andere es für wichtig halten.
- Sie weichen wichtigen Problemen aus, weil sie Angst haben, sie nicht bewältigen zu können. Als Alibi beschäftigen sie sich eifrig mit Nebensächlichkeiten. So, als könnte die Erledigung von tausend Nebensächlichkeiten die Lösung eines wichtigen Problems ersetzen...
...Heilverkünder aller Art, Politiker, Werbeleute und überhaupt alle, die eine einzig richtige Wahrheit zu verkünden haben, machen sich das zunutze. Sie wissen genau, was den Menschen fehlt. Es ist die Fähigkeit, für sich selbst zu denken und zu erkennen, was für sie richtig ist. Wer sich auf diese Weise von anderen leiten läßt, kann niemals das Leben führen, das er führen möchte....Denn er lebt unter dem Zwang, alles als Unrecht anzusehen, was andere ihm nicht erlauben....
...Um zu erkennen, was für uns wichtig, was weniger wichtig oder was nutzlos ist, müssen wir zu allem, was in unserem Leben eine Rolle spielt, eindeutig Stellung beziehen. Unabhängig von den Wertmaßstäben anderer müssen wir unsere eigenen Wertmaßstäbe finden...
...Verzichten Sie lieber auf etwas, ehe Sie sich damit erpressen lassen....Wenn jemand Sie veranlassen möchte, etwas zu tun, was Sie nicht für richtig halten, und sich dabei auf Ihre Ehre, auf Fairneß oder Ihre Ehrlichkeit beruft, sollten Sie sich nicht scheuen, darauf zu verzichten, in seinen Augen als ehrenhaft, fair oder ehrlich zu gelten. Es geht darum, auf einen kurzfristigen oder scheinbaren Vorteil zu verzichten, um sich einen dauerhaften Vorteil zu sichern. Dieser dauerhafte Vorteil ist die Sicherheit in Ihrem Revier. Dieser Vorteil sollte jeden notwendigen Verzicht rechtfertigen....Verzicht wird nur allzuoft als Schwäche ausgelegt. Hier jedoch soll gezeigt werden, wie er als wirkungsvolles Instrument der Verteidigung nutzbringend eingesetzt werden kann....Schließlich wendet er (der Erpresser) die versteckte oder die offene Drohung an. Irgendwo kommt in solchen Fällen immer der Punkt der ausschlaggebenden Konfrontation, an dem es sich entscheidet: Er oder ich..."
Die drei Prinzipien zur Verteidigung des eigenen Reviers:
1. "Ich bin für jeden, egal, welche Art von Autorität er für sich in Anspruch nimmt, ein gleichwertiger Partner und lasse mich durch kein Ritual der Unterwerfung einschüchtern."
2. "Für jeden und alles, was sich mir als einzige Autorität auf irgendeinem Gebiet anbietet, suche ich nach Alternativen....Viele Menschen unterwerfen sich willig allen möglichen Diktaturen, nur weil sie zu bequem sind, nach Alternativen zu suchen. Sie schimpfen, aber kaufen. Sie jammern, aber liefern sich doch ohne Gegenwehr den Leuten aus, die sich ihre Abhängigkeit zunutze machen."
3. "Ich verteidige mich gegen die Unterwerfungsversuche von Autoritätspersonen durch umfassende Information...Gleichgültig, was wir sind und welche Schulbildung wir haben, niemand kann uns daran hindern, beispielsweise den Zahnarzt aufzufordern, uns die Details eines Röntgenbildes zu erklären, ehe er unsere Zähne behandelt."
"Weil so viele Menschen andere zuviel und sich selbst zuwenig respektieren,...fällen Politiker Entscheidungen in der Gewißheit, daß keiner von denen, deren Interessen sie vertreten sollen, sie zur Rechenschaft ziehen wird. So groß der Schaden auch ist, den sie angerichtet haben. Keine noch so militante Revolution ist denkbar, die uns mehr nützt als die Revolution der entschlossenen Selbstbehauptung jedes einzelnen von uns. Nach seinen Möglichkeiten. Nach seinen Fähigkeiten....Weil niemand daran interessiert ist, uns die optimalen Voraussetzungen für die Selbstentfaltung zu schaffen, muß jeder einzelne es selbst tun. Weil niemand für unser Glück die Verantwortung übernehmen kann und will, müssen wir sie selbst übernehmen."
Dieses Thema scheint zur Zeit eines zu sein, das nicht nur auf der persönlichen Ebene bei vielen, sondern auch auf der kollektiven Ebene sehr präsent ist:
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