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Mittwoch, 2. März 2022

Liebestaumel statt Krieg

So ganz ohne Nachrichten herrscht bei mir der reinste Liebestaumel, genauer gesagt geht das schon seit fast zwei Wochen so. Egal wo ich hingehe und aus dem Fenster schaue, sehe ich turtelnde und schnäbelnde Ringeltauben, auf meinem Balkon sind sie sogar den halben Tag zu hören und zu sehen. Und das mitten im Winter, im Februar, das hatte ich auch noch nie. Ich bin von Liebe umzingelt! Die wissen eben, was wirklich wichtig ist. Niemanden interessiert es da, ob geimpft oder ungeimpft, ukrainisch oder russisch, katholisch oder islamisch - vollkommen unwichtig. Auf meiner Sitzbank lagen lauter Zweiglein verstreut, so daß ich schon dachte, sie machen es sich jetzt ganz einfach und bauen ihr Nest gleich auf meinem Sitzpolster, aber so degeneriert sind sie wohl doch nicht. Sie haben nur versucht, auf dem Dach des Nistkastens über der Bank ein Nest zu bauen, wo die Zweiglein natürlich alle herunterfallen. Liebestaumel führt anscheinend nicht gerade zu architektonischen Meisterleistungen. Ich habe dann alle Zweige entsorgt, hätte damit aber auch einen Baustoffhandel für Vögel eröffnen können. Sie dürfen ruhig mal ein wenig am Nestbau üben. Sind ja genug Bäume ringsherum. 

Meine Mutter hat jetzt >>Pleitgens "Väterchen Don" ausgelesen, ein Buch welches sie rein zufällig vor Beginn des Krieges zu lesen begann und von welchem sie sehr angetan ist. Außerdem sorgt sie sich um ihre russische Fußpflegerin. Die hatte sich bereit erklärt, auch zu ihr nach Hause zu kommen. Da sie mal wieder einen Termin nötig hatte, rief sie an und da hieß es, sie sei die Woche krankgeschrieben. Nach einer Woche rief sie nochmals an, erreichte aber niemanden und erhält keine Antwort. Jetzt macht sie sich Sorgen, daß die Russin wegen der politischen Situation irgendwie Schwierigkeiten bekommt. Am Telefon konnte ich mir das ja noch nicht vorstellen. Schließlich wollen die Russen auch keinen Krieg, zumindest die, die ich so höre und lese, und Russen in Deutschland haben ja sicherlich einen Grund, in Deutschland zu sein und nicht in Russland. Was können die für das Versagen der Politik? Aber da hatte ich die Rechnung wohl mal wieder ohne den Mob gemacht, denn kaum öffnete ich nach dem Telefonat das Internet, bot sich mir ein ganz anderes Bild. Die Ungeimpften hat man jetzt anscheinend vergessen und neue Sündenböcke gefunden, auf die man sich stürzen kann. 

Irgendwo fand ich sogar ein Schreiben, wo der Russische Zupfkuchen in Zupfkuchen umbenannt werden soll. Also ehrlich - die USA bricht ständig Völkerrecht unter fadenscheinigen Begründungen, aber da habe ich noch nie erlebt, daß man auf die Idee kam, in Bäckereien die Amerikaner umzubenennen. Könnte es vielleicht daran liegen, daß die Medien darüber ganz anders berichten? Wenn die USA Völkerrecht bricht, sind es ja dann immer "Friedensmissionen". Bei Putin dagegen wird jetzt gezündelt und eskaliert in der Berichterstattung, was das Zeug hält. Selbst Falschmeldungen sind schon wieder aufgeflogen, also dasselbe Muster wie bei der Pandemie. Fast kommt es einem wie ein Déjà-vu vor. Ist ein Krieg nicht an sich schon schlimm und furchtbar genug? Muß man auch noch zündeln und die Menschen emotional hochputschen, wenn ein kühler Kopf angebrachter wäre? Haben die Medien denn immer noch nichts über ihre Verantwortung gelernt? Wollen sie vielleicht sogar, daß die Situation eskaliert? Was haben sie denn davon?

Und merken die Aufgestachelten selbst nicht, daß sie wie reine Marionetten agieren? Was ist so schwer daran, einfach mal Solidarität mit MENSCHEN zu üben, unabhängig von Religion, Nationalität oder Entscheidungen, die jemand für sich selbst trifft? Es würde ja oft schon reichen, sie zumindest in Ruhe zu lassen. Was ist so schwer daran, nicht jeden über einen Kamm zu scheren, sondern auch mal zuzuhören und zu differenzieren? Manchmal hat man wirklich den Eindruck, Differenzierung ist für manche Menschen das schwerste Ding auf der Welt. Liegt vielleicht genau daran, daß man dafür eben erst mal offen zuhören und sich Informationen verschaffen muß. Sowas ist anstrengend. Vorgegebene Schablonen kommen da wie gerufen. Aber so lange man nicht differenziert und lernt, auf einer tieferen Ebene zu unterscheiden, bleiben Worte wie "nie wieder Krieg" nur leere Worthülsen, weil jeder Konflikt ganz genau mit dieser Oberflächlichkeit beginnt. Mit diesem Beitrag mache ich mich wahrscheinlich wieder so richtig unbeliebt, aber noch unbeliebter als nach meinen kritischen Corona-Beiträgen geht ja schon fast gar nicht mehr. Und wie heißt es so schön - ist der Ruf erst ruiniert usw. usf.  Aber der Frieden beginnt eben nicht irgendwo da draußen, sondern in und durch jeden selbst. 

Edit: Wir sehen auch euch! https://www.bz-berlin.de/welt/demonstrationen-in-russland-gegen-putins-krieg-in-der-ukraine-7621-festnahmen    


2 Kommentare:

  1. Ich schätze es sehr, dass es noch Menschen wie Sie gibt, für die Menschlichkeit nicht nur ein Wort ist und die ihre Meinung zudem klar vertreten. Wenn man sich dadurch unbeliebt macht, dann nur bei den falschen Leuten. ;)

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    1. Danke sehr! Und ich schätze es, daß es noch Menschen gibt, die den Unterschied erkennen.

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