Gestern hat mir Facebook die Werbung von einer Jobangebotsseite für Komparsen in die Timeline gespült. Aus reiner Neugier klickte ich und stöberte ein bißchen, was da so alles gesucht wird. Die Soko Köln sucht ein neues "Mordopfer", sogar mit Text (wahrscheinlich "Oh nein, bitte nicht!"). Es werden kräftige Damen als Statistinnen für die Opernreihe "Der Ring der Nibelungen" gesucht. Wer wäre nicht gerne mal Walküre? Doch ich bin zwar groß, aber nicht kräftig. Ebenfalls wird eine Protagonistin für einen TV-Dreh gesucht, die nie ohne Makeup vor die Türe geht. Weiterhin eine Märchenprinzessin und Superheldin für Kinderevents. Muß man da beides gleichzeitig sein? Die BVG sucht einen Punk und eine "namhafte" Künstlerin für ihr Musikvideo Rebellen-Komparsen. Osterhasen waren um Ostern jede Menge gefragt. Aber was auch noch auffällt - es werden unheimlich viele Rollenspieler für Bundeswehrtruppenübungen gesucht, die jetzt den ganzen Mai über stattfinden und das an vielen verschiedenen Orten. Wird da schon Krieg geübt?
Ich stelle mir das so ähnlich vor, wie damals bei der Abschlußprüfung der Wehrerziehung beim Abitur. Wir fuhren in ein Gebiet mit lauter bombardierten und zerstörten Wohnhäusern (ich war überrascht, daß es sowas überhaupt gibt). Dort wurden diejenigen, die ein Attest hatten und sich körperlich nicht betätigen durften, als Verletzte geschminkt und in den zerbombten Wohnhäusern versteckt. Unsere Aufgabe war es nun, die Verletzten zu finden, aus den Häusern mit einer Trage herauszuholen, sie zum Basis-Camp zu bringen, wobei man auch einige Zäune und andere Hindernisse mit Trage überwinden mußte, und sie entweder notfallmäßig schon vor Ort oder dann im Basis-Camp zu verarzten. Danach mußten wir auf Zeit - diese wurde gestoppt, einen Strahlenschutzanzug und eine Gasmaske anlegen.
Heute könnte ich sowas nicht mehr. Bei den Bundeswehrübungen muß man sich wahrscheinlich nur retten lassen, vielleicht auch verfolgen und gefangen nehmen. Ich habe eine Bekannte, die hat zu DDR-Zeiten professionell Schießen gelernt. Als sie das erzählte, war sie ganz verschämt und entschuldigte sich fast dafür, daß sie so etwas Gräßliches wie Schießen gelernt hat. Also ich bin da ganz wertfrei. Was man kann, kann man. Und letztendlich geht es ja immer nur darum, wofür man sein Können einsetzt. Man kann alles sowohl für positive als auch für negative Dinge einsetzen. Ich habe letztens einen klugen Satz gelesen: Pazifismus in Friedenszeiten ist keine Kunst. Stimmt. Gerade in Krisenzeiten fallen ja immer die Masken und in Kriegszeiten fallen die Masken derjenigen, die pazifistische Gedanken nur mißbrauchen, um Wählerstimmen und Zustimmung zu bekommen, so wie die Grünen. Ich glaube, sicherlich die Mehrzahl der Menschen sagt von sich, daß sie keinen Krieg möchten, und springen deshalb gerne auf pazifistische Slogans an. Ich kenne, bzw. kannte aber auch jemanden, der als Bundeswehrausbilder ganz heiß auf Krieg ist und das offen zugibt. Ich finde es jedoch verblüffend, daß von diesen vielen Menschen, sobald es woanders zu einem Krieg kommt, der zufällig etwas prominenter ist, als die Kriege, die die USA führen, eine ganze Menge davon bereit ist, für ihre Überzeugung wiederum in den Krieg zu ziehen. Das ist paradox, denn es ist ja dann gar kein Pazifismus mehr - dieser bedeutet Nichtbeteiligung an jeder Art von Krieg und Aggression. Wie sinnvoll Pazifismus in einer Verteidigungssituation gelebt werden kann, in der jedes Verhandeln zwecklos ist, ist wieder eine ganz andere Frage. Aber bevor man wissen kann, daß Verhandeln und Diplomatie zwecklos sind, muß man es erst einmal versuchen. Und das bedeutet immer auch, aufeinander zuzugehen, zu deeskalieren und vielleicht auch vorerst kurzfristige, nicht so befriedigende Lösungen zu finden, die dadurch Zeit für langfristige Strategien und Kompromisse geben. Ohne das zuerst mit vollem Einsatz und nicht nur halbherzig versucht zu haben, selbst wenn die Situation noch so verfahren ist, ist man nun mal ein Kriegstreiber, ob man will oder nicht, also jemand, der Aggression mit Aggression beantwortet.
Eine Kommentatorin unter einem Facebookbeitrag schrieb folgendes: "Putin hat sehr deutlich gesagt, dass diese Waffenlieferungen zumindest Firmen wie Heckler und Koch oder Rheinmetall zu legitimen Angriffszielen machen. Bin gespannt wann es hier zum ersten Mal kracht. Aber dann darf ja die NATO endlich ganz offiziell eingreifen. Und genau deshalb werden wir zum Ziel gemacht - aus keinem anderen Grund! Besser kann man übrigens auch unseren unbrauchbaren Militärschrott garnicht entsorgen. Es geht darum Europa zu schwächen - es ging nie um etwas anderes. Und darin sind sich Russland und Amerika zumindest einig."
Na, das ist doch zumindest schon mal ein Ansatzpunkt, wenn man sich darin einig ist. Allerdings dürfte Putin ja hoffentlich klug genug sein, das zu wissen, und gerade deshalb Deutschland nicht als Ziel zu wählen. Das wäre im Grunde mehr oder weniger Selbstmord. Nachdem jetzt sogar Finnland nach langjähriger Neutralität ganz dringend in die NATO aufgenommen werden möchte, müßte Putin eigentlich dämmern, daß er genau mit dieser Aktion, mit der er ein bestimmtes Szenario verhindern wollte, dieses beschleunigt und sich in eine Falle manövriert hat. Oder will er dann auch noch mit Finnland Krieg führen? Ich fürchte, daß der Ukraine-Krieg eine Dynamik losgetreten hat, die mit diesem Krieg nicht beendet sein, sondern auch danach noch so einige Krisen entflammen wird.
Kommentar von Liebes Buch: Statisten für die Bundeswehr oder Mordopfer für die Bundeswehr...? 😆
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