Der Frühling ist nicht mehr zu übersehen: die Sonne scheint, die Wiesen und Vorgärten sind voller Krokusse und die Ringeltauben haben wieder keine anderen Sorgen, als sich auf meinem Balkon fortzupflanzen. Die sind so im Liebesrausch, daß sie selbst, wenn sie auf meiner Klimmzugstange sitzen, welche sich direkt vor der Scheibe meiner Balkontür befindet, es nicht mitbekommen, wenn ich von innen gegen das Glas klopfe. Aber auch die Frühjahrsmüdigkeit hat so richtig zugeschlagen. Deshalb mache ich meist ausschließlich vormittags ein Stretching-Programm, das so um eine halbe Stunde herum dauert. Und es ist eher ein entspanntes Programm, nur beim kurzen Aufwärmen muß man natürlich genug machen, um warm zu werden. Aber in der letzten Zeit war ich schon nach diesem Programm dermaßen hundemüde, als wäre ich einen Marathon gelaufen und hätte Blei in den Füßen.
Neulich unterhielt ich mich mal mit einer alten Bekannten und früheren Mitpatientin, welche mir ganz im Vertrauen und fast entschuldigend beichtete, daß sie gerne ausgiebig warm dusche. Von kalt duschen halte sie nicht viel. Ich mußte schmunzeln, denn bei mir kommt es auch eher selten vor, daß ich freiwillig kalt duschen würde. Was bei ihr dagegen "ausgiebig" heißt, das weiß ich nicht und geht mich auch nichts an. Trotzdem gab es mein ganzes Leben hindurch immer wieder Versuche in dieser Hinsicht, die aber stets nach einigen Malen wieder eingestellt wurden. Was mich zu solchen Versuchen motivierte, war jedoch keineswegs die Aussicht, Energie zu sparen, sondern es waren mehr die Vorzüge für Gesundheit und Schönheit, die ständig in den höchsten Tönen gepriesen werden. Und wer hat schon Lust, sich nur mit innerer Schönheit zu begnügen? Es begann schon in meiner Pubertät mit einer dicken alten Schwarte bestehend aus den Hausmitteln des Pfarrer Kneipp, die bei uns im Wohnzimmer stand, und in welcher ich eifrig studierte. Mit der Theorie lief es besser als mit der Praxis, obwohl ich den "Luxus" besaß, daß in meinem Kinderzimmer ein Waschbecken mit Kaltwasserzufluß vorhanden war. Mit den kalten Waschungen konnte ich mich nicht wirklich anfreunden. Auch später probierte ich es immer mal wieder, doch zu einer dauerhaften guten Gewohnheit wird das wohl nicht bei mir.
Jetzt hörte ich neulich etwas, was meiner Motivation einen neuen Schub gab, nämlich daß Eisbaden oder kalte Duschen sofort die Dopamin-Ausschüttung steigern. Und ich dachte mir, daß ich sowas genau jetzt bei der Frühlingsmüdigkeit gebrauchen könnte. Ich war also willens, mich erneut für ein Selbstexperiment zu opfern, das zwar hart ist, aber ansonsten nicht schaden kann. Und ich habe bei diesem Selbstexperiment tatsächlich einen coolen Trick herausgefunden, mit welchem es viel weniger unangenehm ist. Aufgepaßt, hier kommt der Trick zum Mitschreiben: wenn man unter dem kalten Wasser ununterbrochen ganz laut sagt "Die Sommersonne brennt und mir ist total heiß!", dann geht es eigentlich. Also wie man sieht, alles so ein mentales Ding, was es aber trotzdem nicht einfacher macht. Leider hat es nur vorübergehend etwas gebracht. Natürlich ist man danach erstmal viel munterer, aber nach zwei Stunden bin ich erneut hundemüde.
Deshalb überlegte ich, eine leckere Frühjahrs-Kur für meine Leber, die ja oft bei Müdigkeit beteiligt ist, wäre nicht schlecht. Zum Glück gibt es dazu Grapefruitsaft, den ich liebe, und der nicht nur lecker schmeckt, sondern auch für die Leber gut ist. Ab und zu kaufe ich mir deshalb Grapefruits, die ich auspresse und trinke. Im Supermarkt mußte ich feststellen, daß eine Grapefruit jetzt 0,99 EUR kostet, als fast 1 EUR oder fast 2 DM. In Anbetracht dessen, daß man aus einer Grapefruit so ungefähr ein halbes Glas Saft bekommt, kann man die dann auch schon bald bei diesem Preis in der Apotheke verkaufen. Aber zum Glück gibt es hier ebenfalls einen Trick, um die Grapefruits zu bekommen, die den meisten Saft geben. Und wenn die Dinger so teuer sind, habe ich keine Skrupel, ihn anzuwenden, denn dann möchte ich schon genau wissen, was ich kaufe. Also holte ich alle Grapefruits einzeln aus der Palette und wog sie immer gegenseitig auf meinen Händen ab - denn je schwerer eine Frucht, um so mehr Saft ist drin. Das sieht zwar etwas seltsam aus, als würde man mit den Grapefruits jonglieren wollen, aber es hat sich gelohnt. Von den Grapefruits, die ich gekauft habe, erhielt ich mindestens ein dreiviertel Glas oder sogar ein ganzes Glas Saft. Und ich habe das Gefühl, daß der Grapefruitsaft doch etwas mehr Wirkung zeigt als die kalten Duschen.
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