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Mittwoch, 5. April 2023

Ostergrüße

Es ist ja eine gute alte Tradition, sich Ostergrüße zu senden, und ich glaube, unser Bundeskanzler würde sich ganz besonders über viele Grüße seiner Arbeit- und Brötchengeber freuen. >>Dies hat übrigens recht frühzeitig der Sohn von Willi Brandt zusammen mit 200 anderen ehemaligen SPD-Politikern und Gewerkschaftern getan: "Wir ermutigen den Bundeskanzler, zusammen mit Frankreich insbesondere Brasilien, China, Indien und Indonesien für eine Vermittlung zu gewinnen, um schnell einen Waffenstillstand zu erreichen. Das wäre ein notwendiger Schritt, um das Töten zu beenden und Friedensmöglichkeiten auszuloten. Nur dann kann der Weg zu einer gemeinsamen Sicherheitsordnung in Europa geebnet werden." Das Wort "ermutigen" ist hübsch und ich denke, unser etwas schüchterne Kanzler braucht noch sehr viel mehr Ermutigung. Auch für Osterspaziergänge gibt es wieder Gelegenheit. Forderungen nach ernsthaften und vernünftigen Waffenstillstandsverhandlungen und Friedensinitiativen kann man übrigens selbst dann unterstützen, wenn man für die Waffenlieferungen ist. Im Gegenteil - Waffenlieferungen schließen diese Bemühungen nicht aus und dürfen es auch niemals. Waffenlieferungen sind für nichts eine Alternative, sondern nur ein klappriger Notnagel zur Selbstverteidigung, an den man nicht allein die Hoffnung auf Frieden hängen sollte: 

https://www.friedenskooperative.de/aktion/mail-aktion-herr-bundeskanzler-werden-sie-aktiv-fuer

https://www.friedenskooperative.de/ostermarsch-2023

Im Buch >>"Fritz Hartnagel" von Hermann Vinke bin ich über eine kurze Geschichte der Ostermärsche gestolpert, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Fritz Hartnagel war der Freund von Sophie Scholl und hatte anfangs ziemlich konträre Ansichten, denn er begeisterte sich für das Soldatentum und entschied sich deshalb für eine Offizierslaufbahn. Erst im Laufe des Krieges, in welchem er die Kriegsgräuel, z. B. bei Stalingrad, miterlebte, sowie im ständigen Austausch über Briefe mit Sophie, vollzog er allmählich eine 180-Grad-Wende (keine Baerbock-Wende von 360 Grad!). Nach der Hinrichtung Sophies heiratete er später deren Schwester Elisabeth und hatte innerlich seinen Job gekündigt. Aus diesem inneren Konflikt heraus wollte er manchmal alles hinschmeißen und sich degradieren lassen, mit allen daraus folgenden Konsequenzen bis hin zum ziemlich sicheren Tod, dies wurde ihm aber von der Familie Scholl ausgeredet: "Irgend jemand muß doch überleben." Außerdem konnte er mit seiner Stellung und seinem Einkommen einiges für sie während der Sippenhaft und danach bewirken. In den letzten Tagen des Krieges wollte er sich mit seiner Truppe den Amerikanern ergeben, wurde aber verraten und fast exekutiert. Ein Kamerad ist für ihn gestorben, während er weglaufen konnte. Nach dem Krieg studierte er Jura und wurde später Richter. Er begann sich mehr und mehr politisch zu engagieren, trat in die SPD ein, wo er zum linken Flügel der Partei zählte und gegen die Remilitarisierung unter Adenauer aktiv wurde, was vom rechten Flügel der Partei nicht gern gesehen wurde. Doch der sich verschärfende Ost-West-Konflikt begünstige Adenauers Politik: "In der Bundesrepublik wagte bald kaum ein Politiker mehr, die großen weltpolitischen Fragen anders zu beurteilen als die Amerikaner. Wer es dennoch tat, geriet in den Ruf der Kommunistenfreundlichkeit."

Nichtsdestotrotz wurde er zu einem der Initiatoren der Friedensbewegung in Deutschland. Ein Aktivist schreibt dazu: "Mit seiner Biographie und seinem beruflichen Hintergrund bedeutete Hartnagel für uns einen wirksamen Schutz. Ihn konnte man nicht so einfach verteufeln als fünfte Kolonne Moskaus, als Kommunisten oder Schwärmer."

Die Ostermarschbewegung begann am Karfreitag des Jahres 1958 in London am Trafalgar Square, wo sich über 10.000 Menschen  zu einer Protestkundgebung gegen Atomwaffen versammelten. "In der Bundesrepublik entstand daraus noch im selben Jahr die Aktion 'Kampf dem Atomtod', die von der SPD und den Gewerkschaften unterstützt wurde.... Vorübergehend kämpften die unterschiedlichen Parteiflügel der SPD wieder Seite an Seite... Der massive öffentliche Druck zeigte Wirkung. Bundeskanzler Adenauer und sein Verteidigungsminister Franz Josef Strauß mußten zurückstecken. Die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen stand nicht mehr zur Debatte."

Mit dem im November 1959 verabschiedeten  'Godesberger Programm' vollzog die SPD einen radikalen Kurswechsel in der Außen- und Sicherheitspolitik, indem sie die Wiederbewaffnung der Bundeswehr und die Mitgliedschaft in der Nato billigte. Hartnagel zog sich darauf aus seinen Funktionen in der Partei zurück, dafür wurde er in der Friedensbewegung um so aktiver. 

"Anfang der 1960er Jahre verzeichneten die Ostermärsche wieder größeren Zulauf. Die Zahl der Teilnehmer stieg von Jahr zu Jahr und kletterte 1964 auf über Hunderttausend. Vor allem der Vietnamkrieg gab der Friedensbewegung Auftrieb.... In den Jahren des Kalten Krieges hatte die US-Regierung die militärische Stärke der Sowjetunion und des Warschauer Paktes systematisch übertrieben, um ihre Rüstungsprogramme durchsetzen zu können. Unter Präsident Ronald Reagan eskalierte die 'Politik der Stärke'. Reagan wollte die UdSSR erklärtermaßen kaputtrüsten..... Die Ostermärsche erlebten in den Jahren nach dem Nato-Doppelbeschluß eine Rekordbeteiligung. 1983 wurden bis zu 700.000 Teilnehmer bundesweit gezählt.... Ende 1982 gingen die Anhänger der Friedensbewegung von bloßen Demonstrationen zu 'gewaltfreien Blockaden' über (Umlagerung von Militärbasen).... Höhepunkt einer ganzen Serie von Protestveranstaltungen bildete am 22. Oktober 1983 eine Kundgebung mit 300.000 Teilnehmern in der Bundeshauptstadt Bonn. Zur gleichen Zeit formierten sich Hunderttausende zu einer 108 Kilometer langen Menschenkette zwischen Neu-Ulm und Stuttgart - eine Aktion, die im In- und Ausland Aufsehen erregte...

...US-Präsident Ronald Reagan trieb in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre mit seinem Projekt einer Raketenabwehr im Weltraum (SDI) die Aufrüstung sogar noch eine Drehung weiter. Nur unter großen Mühen konnte der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow Reagan 1987 dafür gewinnen, alle atomaren Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5000 Kilometern zu vernichten... An diesem Durchbruch hatte die deutsche Friedensbewegung mit der bis dahin größten Kampagne gegen die atomare Aufrüstung erheblichen Anteil."

In diesem Sinne - Frohes Eiersuchen!

LovePeace

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