ThingsGuide

Samstag, 15. Juli 2023

Über Ameisen und Körpersprache

Bei der letzten "3nach9"-Talkrunde gab es mal recht interessante Themen, zu denen mir selbst viele Geschichten einfielen. Unter anderem war eine Ameisenforscherin anwesend, die über "Sklavenhaltung" im Ameisenstaat und wie eine Ameisenstraße entsteht berichtete, sowie erwähnte, daß Ameisen das Vierzigfache ihres Körpergewichtes tragen können. Ich finde solche Themen immer sehr spannend - auch Peter Wohlleben könnte ich endlos zuhören, wenn er über Wald und Bäume erzählt, welcher allerdings diesmal nicht dabei war. Das ist irgendwie wie eine Gute-Nacht-Geschichte für Erwachsene und manchmal genauso märchenhaft. Ich mußte an diese unvergessene kleine Ameise denken, die mir einmal vor vielen Jahren in Form eines Krümels begegnete. Damals kam ich gerade von einem Ausflug mit meinem Kumpel zurück. Wir liefen auf dem Gehweg meiner Straße, als ich plötzlich einen Krümel bemerkte, der neben mir her lief. Verwundert fragte ich mich, warum sich dieser Krümel bewegt - es herrschte ansonsten Windstille, und als ich mich hinunter beugte, entdeckte ich unter dem Brotkrümel eine winzige Ameise, quasi eine Sisyphus-Ameise, welche einen zigmal so großen Brotkrümel auf dem Rücken trug. Wir haben uns recht amüsiert, denn sowas sieht ja doch ziemlich witzig aus - und anstrengend. 

Aber auch die Ameisen fielen mir wieder ein, die in unserer Vorratskammer einen Sommer lang Party feierten. Als ich nämlich zu DDR-Zeiten noch in unserer wunderbar riesigen, unsozialen Wohnung bei meinen Eltern wohnte, erhielten wir regelmäßig aus dem Westen Pakete mit ganzen Eimern voller bestem Imkerhonigs - meist Akazienhonig. Diese verschwanden in unserer geräumigen, praktischen Vorratskammer. Und irgendwann muß eine Ameise davon Wind bekommen haben und hat es überall im Hof herumerzählt: "Ey, da oben im 2. Stock gibt es einen ganzen Eimer voll West-Honig! KOMMT ALLE!" Und schon war die Party im Gange. Ich glaube, dieser Sommer ist heute noch im kollektiven Gedächtnis aller Ameisen als das legendäre Schlaraffen-Zeitalter gespeichert.

Auch ein Mental-Künstler war anwesend - derselbe, der bei Let's Dance mitgemacht hat. Mal ganz abgesehen davon, daß es immer wieder erstaunlich ist, wie er Gedanken erraten kann, fand ich es sehr lobenswert, daß er endlich mal mit diesen stupiden Gebrauchsanweisungen bezüglich der Deutung von Körpersprache aufräumt. Man findet ja häufig solche Bücher oder Videos, in denen es z.B. heißt, wer nach links oder rechts oben schaut, lügt, Arme verschränken bedeutet Ablehnung usw. usf. Ich habe selbst vor langer, langer Zeit aus Interesse ein oder zwei solcher Bücher gelesen, fand diese aber eher bedenklich und suspekt, weil ich mir dachte, wenn Menschen völlig unterschiedliche Motivationen für Handlungen und Bewegungen haben, kann es doch so einfach gar nicht sein. Wenn z.B. jemand nach unten schaut, ist das nicht immer Schüchternheit, sondern es kann auch Wut bedeuten. Wenn jemand den Kopf vorschiebt und die Augen aufreißt, kann das drohend gemeint sein, aber manche hören einfach nur schwer. Ich bin selbst mal in so eine mehrdeutige Situation geraten. Ich traf nämlich eine Kollegin auf unserem großen, zugigen Büroflur, mit der ich mich unterhielt. Da es kalt war und ich fror, verschränkte ich die Arme vor dem Körper um mich auf diese Weise mehr zu wärmen. Nur leider war diese Kollegin auf irgendeinem "Psychogebiet" studiert (Sozialpsychologie?) und hat sich entsprechenden Themen wie Familienaufstellung und wahrscheinlich auch Körpersprache gewidmet. Ich merkte schon, wie sie ständig auf meine verschränkten Arme guckte, lächelte und ich wußte genau, was sie denkt, denn ich hatte ja ebenfalls schon meine Unschuld verloren, was Körpersprache betrifft. Zudem lief da gerade ein böser Streit mit dieser Kollegin, in welchen ich nicht involviert war, aber welcher sie wahrscheinlich besonders sensibel gemacht hat. Erst überlegte ich, meine Arme herunterzunehmen, aber dachte dann: "Nö, mir ist kalt." Und wenn sie meint, irgendetwas über mich zu wissen, weil sie alles glaubt, was in irgendwelchen Büchern steht, ist das ja nicht mein Problem, sondern ihres. Letzten Endes geht es mich überhaupt nichts an, was andere über mich denken. Gedanken sind immer noch frei. Ich habe das Thema für mich danach endgültig abgehakt, schon alleine deshalb, weil ich gar keine Lust habe, andere dauernd zu beobachten und ihnen so viel Aufmerksamkeit zu widmen. Man ist dabei mehr im meist unwissenden Verstand als bei seinen natürlichen, sehr viel weiseren Instinkten. Zudem ist mir das alles viel zu anstrengend und es gibt ja deutlich interessantere Dinge zu beobachten. Ameisen zum Beispiel. 

(Darf man dieses Lied "36Grad" eigentlich noch spielen oder gilt das jetzt als Hymne der Klimaleugner (was immer das ist)?)

Keine Kommentare

Kommentar veröffentlichen

Die Kommentare werden im Tresor gebunkert und bei Gefallen freigeschaltet. ,-)