Nach dem Abstieg ins Basislager war dieses bereits fast vollständig verlassen von allen Menschen. Der Eisbärfelsen und sein Tunnel lagen wie ausgestorben da, ebenso die Wege unter den hohen alten Bäumen. Es war irgendwann schon richtig spät, aber da es im Sommer ja lange hell ist, kam ich nicht in Verlegenheit, im Dunkeln den Ausgang finden zu müssen.
Auf dem Weg zum Ausgang mußte ich noch einmal quer durch den ganzen Park und fand ein attraktives Wohnungsangebot. Mitten in Berlin! Daß es das noch gibt! Großflächiges Grundstück sogar mit Haus. Aber damit man bei Bewerbungen berücksichtigt wird, muß man wahrscheinlich unterhaltungskünstlerische Fähigkeiten mitbringen. Schließlich wollen die Besucher ja etwas zu sehen bekommen. Neulich sah ich im Netz mal das Video einer "Pferdefrau", die wie ein Pferd trabt, galoppiert und sogar über Hürden springt. Die hätte wahrscheinlich große Chancen.
Außerdem ging ich bei den Füchsen vorbei, um ihnen gute Nacht zu sagen. Die waren ziemlich unruhig, wahrscheinlich weil mit der Nacht auch die Jagdzeit beginnt. Ob sie noch keine Fütterung hatten? Ein Fuchs mit Schlappohr kam an den Zaun und schaute mich erwartungsvoll an. Als ich weiterging, lief er die ganze Zeit am Zaun neben mir her. Erst als aus der anderen Richtung jemand mit Rucksack kam, lief er nun diesem hinterher. Vielleicht war das die Fütterung. Füchse können ja fast ebenso niedlich wie Katzen sein, nur daß sie nicht miauen. Aber wer weiß, mit der Zeit lernen sie das eventuell auch noch, wenn sie merken, daß Menschen gerne Dosen öffnen, sobald man miaut.
Es ist inzwischen schon fast zwanzig Jahre her, daß ich das "Lied des Fuchses" schrieb, hier passt es mal wieder hin:
Sinke, oh, wärmender Sonnenball
und mache gluterrötend Platz
für meinen stillen Begleiter,
die lautlose, finstere Nacht
Die sanft senkt sich hernieder
ihren schwarzen Mantel mitbringt
in welchen sie hüllt die Wälder
den Himmel mit Sternen bestickt
In ihrem Schutz bin ich geborgen
bis der Tag auf's neue ersteht
ihr fahles Licht zeigt mir die Wege
deren Dunkel mein Schatten durchweht
Ahnungsvoll folgend dem Ruf des Jägers
lauschend des Waldes vertrautem Klang
whispernde Libellen, träumende Vögel
fallendes Laub, des Windes Gesang
Eintauchend in den Duft der Erde
witternd die Spur von wildem Getier
auf der Jagd nach hilfloser Beute
ist die Nacht ein Teil von mir
Im "Nachtgesang" dagegen, der erst ca. fünfzehn Jahre alt ist, ging es mehr um Tiger:
Gegürtet war ich mit den Gespielinnen des Mondes
und gekrönt mit jenem Silbergreif, dem kühnen,
und ein Wächter wachte über meinen Schlaf,
seine Brust bedeckt ein weißes Tigerfell,
und ich weinte, denn mein Freund war der Tiger
(und der Wächter mein Feind).
Er trug mich über Steppen bis zum Horizont,
wo mein Vater saß, auf dem Thron von Türkisen,
zu seiner linken den Stab um zu Richten,
zu seiner rechten die Feder zu Dichten,
zu seinen Füßen die dunkle, schwarze Nacht,
- und ihn erschlug.
Sein Blut strömte in die untergehende Sonne
und die Türkise glänzten wie die stille See,
ein Feuer leuchtete, ungekannt, ungenannt,
dort wo die Schlange sich auf Wurzeln wand,
dort fand man mich und gab den Schleier mir,
den schwarzen.
Der wurde zu dem Himmelszelt, in dem ich ruhte
und der Wächter behütete meinen Schlaf,
so herrlich kleidete ihn das weiße Tigerfell,
dass ich ihn trug wie eine Blume in meinem Haar,
so schlief ich ruhig, ich Treulose,
und träumte von Sibir.
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