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Dienstag, 12. September 2023

Besuch bei der Muhme | 5 (Burg - Bahnhof)

Während meiner Kindheit habe ich mich immer gefragt, was sich wohl hinter der Mühle am Hafen verbirgt, denn dort war ich nie. Ich hätte gerne gewußt, wie es dort am Fließ ein Stückchen weiter hinter dem Hafen aussieht. Nun ja, die Reise war die beste Gelegenheit, um dieses Geheimnis zu lüften. Die anderen vergnügten sich also am Hafen, ich dagegen suchte einen Weg auf die "dunkle Seite". Ein ganzes Stück an der Straße entlang kommen aber erstmal überhaupt keine Wege. Erst nach einem Kilometer findet man einen Weg, der immerhin einen vielversprechenden Namen trägt, nämlich "Mühlspreeweg", weshalb ich in diesen einbog. Hier ging es über Wiesen und Felder, danach begannen Häuser. Anschließend führte der Weg über eine alte rostige Brücke, also wieder auf die andere, "helle" Seite des Fließes. Die meisten Brücken in Burg sehen so aus, daß man nicht genau weiß, ob man sich noch darüber trauen kann - trotz Kurort, besonders wenn sie eher versteckt über die Fließe führen. Wahrscheinlich, weil man mit Brücken kein Geld verdienen kann. Über die >>besondere Holzbrücke, eine jener Art, die im Spreewald "Bänke" heißen, wäre ich ganz bestimmt nicht mehr gegangen, aber sie war auch gesperrt und als Baudenkmal gekennzeichnet. Leider paßte ich nicht richtig auf, denn ich hätte ja eigentlich nicht hinübergehen dürfen, sondern auf der "dunklen" Seite bleiben müssen, dort hatte ich aber keinen Weg gesehen. 

Nun begegneten mir auf der Strecke einige leerstehende, verfallene Häuser und Hallen, sah ein bißchen aus wie ein brachliegendes Industriegebiet, und plötzlich war ich am Bahnhof von Burg, mitten im Kern. Ich hatte weitläufig den Hafen umlaufen. Der Bahnhof ist eigentlich nur noch ein Bahnhofsdenkmal, denn die Spreewaldbahn fährt schon lange nicht mehr. In Burg fährt jetzt nur noch die Rumpel-Guste, so eine Rundfahrt-Vergnügungsbahn, wie es sie inzwischen fast überall in Tourismusorten gibt. Die Spreewaldbahn war früher der öffentliche Nahverkehr zwischen den Dörfern, denn Autos hatten ja nicht so viele. Ansonsten war man mit Fahrrad, Fuhrwerk oder Kahn mobil. Die Spreewaldbahn ist also stillgelegt, aber dafür hat man jetzt herrlichen Verkehrslärm und alles voller Autos. So alle Stunde fährt zudem noch ein Bus. Als Kind war ich nie am Bahnhof, >>das erste Mal in 2007. Ich kenne die Spreewaldbahn aber aus den Erzählungen meines Vaters. Dieser mußte nämlich mit der Spreewaldbahn oft in ein anderes Dorf Milch holen. Einmal kippte die Milchkanne in der Bahn um und je nachdem, ob sich die Bahn nach links oder rechts neigte, schwappte die Milch von einer Seite zur anderen. Das war für ihn wohl sehr einprägsam. Die Spreewaldbahn fuhr früher direkt am Bismarckturm vorbei, heute führt auf der Strecke ein Fahrradweg entlang. Am Bahnhof kann man sich einige alte Waggons anschauen. Es gab in den Abteilen sogar richtige Öfen mit Schornstein zum Befeuern mit Kohlen und Holz. 

Wie es direkt hinter der Mühle aussieht und am Fließ entlang, weiß ich noch immer nicht, aber vielleicht ergibt sich ja irgendwann eine neue Gelegenheit. Keine Ahnung, warum mich das so interessiert. Große Entdeckungen warten dort sicher nicht. Vermutlich einfach nur stinknormale Häuser und Gärten und/oder Natur. In meiner kindlichen Phantasie dagegen lauerten dort immer geheimnisvolle Idyllen. Vielleicht wäre es sogar gut, sich einen Teil von Burg in der Vorstellung zu bewahren, statt sich der schnöden Realität auszusetzen. 

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3 Kommentare:

  1. "Die schnöde Realität" holt mich jeden Tag ein. Das könnte ich für eine Weile mit Alkohol verhindern. Ich weiß aber, dass "die schnöde Realität" dann nur machtvoller zurückkehrt. Also lasse ich das mit dem Alkohol. Weitgehend. Nicht ausnahmslos.

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