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Sonntag, 24. September 2023

Besuch bei der Muhme | 7 (Burg - Kirche und Amt)

In der Dorfkirche hat auch mein Großvater auf der Orgel gespielt, außerdem leitete er viele Jahre einen Gesangsverein. Die Kirche gedenkt in geradezu vorbildlicher Weise den Toten der Gemeinde aller jemals stattgefundenen Kriege, und zwar namentlich. Im Vorraum der Kirche findet man dazu lange Namenslisten der Gefallenen in den beiden Weltkriegen, darunter einige uns bekannte Nachnamen. Aber auch die Toten anderer Kriege werden nicht unerwähnt gelassen. Im Kirchenraum selbst hängt auf einer Seite eine Aufzählung derjenigen, die 1866/67 für König und Vaterland starben, und auf der anderen Seite eine Tafel mit den Gefallenen des Kirchspiels im Deutsch-Französischen Krieg. Vor der Kirche gibt es ebenfalls noch zwei Gedenksteine mit namentlichen Nennungen. Im Vorraum der Kirche findet man zudem eine sehr alte Grabplatte ausgestellt, deren Schrift man zuerst gar nicht lesen kann, aber wenn man genauer hinschaut, entpuppt sie sich doch als deutsch, nur etwas seltsam geschrieben und ohne Bindestriche oder Kommas: "Frau Barbara Metz(....) geboren am Montage Palmarum des 1565 Jahres zwischen 6 und 7 Uhr nachmittage welcher war der 2. April. Anno 1619 an Sonnabent Fruhe vor den alten Pfingst(...) welcher war der 15. April alten Calenders widerum von diser Welt selig abgeschiden Gott verleihe ihr eine froliche Auferstehung." Sehr hübscher Grabspruch! Und die Dame, die also 54 Jahre alt geworden ist, muß wohl ziemlich wichtig gewesen sein. Ich hoffe nur, daß die Menschen damals nicht so gesprochen haben, wie sie schrieben. Weiterhin hängt dort das Vaterunser auf Sorbisch. Wenn man das mal laut vorliest, stellt man fest, daß durchaus Gemeinsamkeiten mit dem Russischen vorhanden sind. Jedenfalls ist mir gleich das "nasch", "nasche", "naschim" aufgefallen, im Russischen "наш", und auch "twojo", "tam" und einiges mehr liest sich wie lateinisiertes Russisch. 

Das Amt des Dorfes befindet sich genau in dem Backsteinhaus, in dem auch mal meine Großeltern wohnten, das war allerdings vor meiner Zeit. Zum Ende des zweiten Weltkrieges diente es den Russen als Kommandantur, die damals das grausame Verbrechen begingen, das Klavier meines Großvaters zu konfiszieren und den Kindern das Spielzeug wegzunehmen, wie ein historisches Familiendokument aus dieser Zeit beweist: https://flic.kr/p/p3RuPv

Hinter dem Haus war ein riesengroßer Garten, den meine Großeltern weiter nutzen durften, als sie schon woanders wohnten, und in welchem ich selbst noch gespielt habe. Unter anderem standen darauf Schuppen, aus denen meine Großmutter altertümliche Kinderkochherde und anderes Spielzeug zauberte. Der eine Teil des Gartens ist heute einem modernen Flügel-Anbau für das Burger Amt gewichen und der andere Teil des Gartens ist Parkplatz. Als mein Bruder über den Parkplatz ging, stöhnte er die ganze Zeit: "Die schönen Schattenmorellen! Die schönen Walnußbäume! Die schönen Mirabellen! Die schönen Johannisbeeren!" usw. usf. Ich persönlich kann mich an das Obst im Garten eigentlich nur als Gelee erinnern. Immerhin besitzt das Burger Amt auf dem Dach eine Sirene, etwas, womit es zumindest meinem Teil Berlins weit voraus ist, sowie einen sehr modernen und einladenden Dorfbrunnen mit richtig viel Wasser. Gleich hinter dem Amt stößt man auf eine Töpferei mit lustigen Hühnern.

Unweit des Amtes befindet sich außerdem die alte Post, die heute das Standesamt ist. Genau dort haben sich meine Großmutter und mein Großvater kennengelernt. Meine Oma lernte nämlich Postangestellte und mein Opa war Bankangestellter. Irgendwann hatte er dann plötzlich ganz viele wichtige Geschäfte auf der Burger Post zu erledigen und kaufte Massen von Briefmarken. So jedenfalls behauptet die Legende. Astrologisch gesehen waren meine Großeltern wie füreinander geschaffen: Sonne und Merkur GV in Konjunktion Mond und Mondknoten GM in Skorpion, Jupiter GV in Konjunktion Merkur und Venus GM in Fische, Mars GV in Konjunktion Jupiter und Saturn GM in Steinbock und dafür, daß es nicht langweilig wurde, sorgte höchstwahrscheinlich die frische Uranus GM und Mond GV Konjunktion im Schützen. Kein Wunder, daß die Anziehung so groß war. 

Im verschwundenen Garten

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