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Mittwoch, 1. November 2023

Besuch bei der Muhme | 12 (Archäologisches)

Während des Durchstichs des Schlossbergs 1897 für die Spreewaldbahn waren der Geh. Regierungsrat Dr. Voss und der Altertumsforscher Prof. Dr. A. Götze mit der "Wahrung der archäologischen Interessen" beauftragt. Dabei mußte sich aber das wissenschaftliche Interesse dem rein wirtschaftlichen Unternehmen unterordnen, so daß vorrangig beobachtet wurde und Arbeiter durch Fundprämien ermutigt wurden, nach Fundstücken Ausschau zu halten. Nur an den arbeitsfreien Sonntagen war es möglich, die freigelegten Profile näher zu betrachten. Trotzdem war die Ausbeute beträchtlich. Besonders in der Masse der Scherbenfunde ging man buchstäblich unter, weshalb man vor Ort eine Auslese traf und den Rest der Scherben mit dem Boden abfahren ließ. Dennoch erreichten 46 Frachtkisten das Königliche Museum für Völkerkunde in Berlin. Neben slawischen Scherben, aber noch viel mehr vorslawischen Scherben, fand man außerdem Webstuhlgewichte, Knochen, Gefäße, einen handtellergroßen gekneteten und gebrannten Lehmklumpen mit Hautabdrücken, Steinhacken, den Schädel eines Braunbärs, Dolche, Schlittknochen (welche die Vorläufer heutiger Schlittschuhe waren), Bronzemesser und -reifen. Dort würde ich auch mal gerne buddeln! Prof. Dr. A. Götze stellte fest, daß eine Zweiteilung der Besiedlungsepochen zu beobachten ist, nämlich eine Epoche in der Hallstattperiode und eine in der slawischen Periode, sowie wenige neolithische und bronzezeitliche Funde. 

Bei dieser Masse der Funde frage ich mich ja, ob die Fundprämien vielleicht zu reizvoll waren für die Arbeiter und diese dann großzügig noch Fundstücke von anderen Orten untergeschmuggelt haben. Aber diese Funde der archäologischen Untersuchung waren keinesfalls die ersten, denn bereits zuvor gibt es Berichte von Gold- und Silbermünzen, Waffen und Opfergefäßen, die zufällig entdeckt wurden, und höchstwahrscheinlich tauchten auch in frühen Zeiten vielfach Scherben auf, die natürlich nicht so spektakulär sind - aber das alles zusammen sollte Sagen über den Wendenkönig und seine Schätze doch tüchtig angefeuert haben. Fest steht, daß zur slawischen Siedlungszeit (600 bis 1200 n. Chr.) sich auf dem südlichen Schlossberg eine Burg befand. 

Aber es gibt noch aufregendere Funde, nämlich zwei bronzene "Kultwägelchen", die jedoch nicht vom Schlossberg stammen. Sie wurden 1865 und 1876 in der Nähe von Burg entdeckt, eines ist zweirädrig, das andere dreirädrig. Die Nachbildung eines Rades davon steht auf einer Stele vor dem Bismarckturm. Die Nachbildung des dreirädrigen kann man am Hafen bewundern. "Nach neueren Untersuchungen wurden diese Deichselwagen im Kult verwendet und später im Moor versenkt, um sie so der Profanisierung zu entziehen." Sie gehören zeitlich in die späte Bronzezeit im 1. Jh. v. Christus. Also diese Untersuchungen hätten mich ja mal genauer interessiert, denn ich wundere mich immer darüber, wie Archäologen eigentlich zu dem Schluß kommen, daß es sich um Gegenstände eines Kultes handelt. Ich habe manchmal den Eindruck, daß alles, bei dem man nicht genau weiß, wozu es diente, einfach mal zu einem Kult gehörte. Angenommen, unsere Zivilisation schafft es in absehbarer Zeit, sich auszulöschen, der Wille dazu scheint ja da zu sein - und die nächste Zivilisation in einigen tausend Jahren findet überall unsere Handys, welchem Kult wird man diese dann wohl zuschreiben? Vielleicht einem Zauberspiegel-Kult? Jedenfalls bin ich bei solchen Festschreibungen immer etwas skeptisch. 

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Mühle von Straupitz

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