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Montag, 15. Januar 2024

Bauernbesuch und nachfolgende Betrachtungen

Heute ist auch auf meiner Straße eine Kolonne Traktoren vorübergefahren. Allerdings aus der Stadt hinaus und hinter ihnen die Polizei. Vielleicht wurden sie hinauskomplimentiert. Dabei haben sie so mächtig viel Lärm gemacht, daß ich es sogar auf der anderen Seite der Wohnung im Savasana bei geschlossenen Fenstern hörte. 

Die Rede von Lindner war ja irgendwie ein Trauerspiel. Er sei Vorsitzender einer Partei, die sich für den Mittelstand einsetze. Seit wann das denn? Es sei unverantwortlich, immer mehr Schulden zu machen. Wer redet denn davon, immer mehr Schulden zu machen? Man könnte durchaus auch mal die priorisierten Ausgaben hinterfragen. Wenn es möglich ist, Millionen für Impfdosen in den Sand zu setzen, nachdem schon die Bestellungen in utopischen Höhen getätigt wurden, >>200 Millionen für neue VIP-Hubschrauber für die Regierung einzuplanen, >>777 Millionen für einen Erweiterungsbau des Kanzleramtes inklusive eine 250 qm großen Kanzlerwohnung auszugeben, und überall in der Welt unser Geld zu verteilen, sehe ich da durchaus sehr viel Einsparpotential. Die grundlegende Frage ist doch einfach nur, bei wem eingespart wird, der sich nicht wehrt oder wehren kann, oder wer an den Honigtöpfen sitzt und das Geld nach eigenem Gutdünken verteilt und dabei nicht zu kurz kommt. In einem normalen Haushalt, der hoch verschuldet ist, würde jeder vernünftige Mensch erstmal an den Luxusausgaben, unnötigen Ausgaben und Geldgeschenken sparen, bevor er sich mit Einsparungen an die Versorgung seiner Kinder und die Erfüllung der grundlegendsten Bedürfnisse macht. 

Des weiteren heißt es, es gäbe keine Alternativen, aber dafür könnten, um das Leben der Bauern zu erleichtern, die überzogenen Umweltstandards hinterfragt und abgebaut werden und auch die immer höheren Standards in der Massentierhaltung seien unverhältnismäßig (ist wohl sein Lieblingswort). Ehrlich jetzt? Will der tatsächlich in düstere Zeiten zurück und den Großkonzernen wieder Tür und Tor für neuen Reibach öffnen, weil die glücklicherweise inzwischen höheren Standards im Umwelt- und Tierschutz schuld sind? Da frage ich mich ja, was die Bio-Bauern so davon halten, denn diese sind durchaus ebenfalls betroffen. Und wer diesen Weg aus Überzeugung geht, dürfte wohl kaum von dieser Art Erleichterungen profitieren. Eher im Gegenteil. Auch die Bedrohungskeule wurde mal wieder geschwungen. Und natürlich durfte es in der Rede auch nicht fehlen, die Verbraucher in die Pflicht zu nehmen und ihnen die Verantwortung zuzuschustern. Aber zum einen dürften damit wohl kaum die Verbraucher gemeint sein, die immer mehr Bio-Erzeugnisse konsumieren, welche ja bekanntlich teurer sind, während die anderen, die das nicht tun, oft mit ihrem Einkommen an Grenzen stoßen, wo sie gar keine andere Wahl haben, als billig zu kaufen. Was erwartet man eigentlich, wenn man stets den bedürftigsten Bevölkerungsgruppen den Gürtel enger schnallt? Würde man das bei den Gruppen tun, die sich überdurchschnittlicher Ressourcen erfreuen, hätten die immer noch genug, um nicht das Billigste kaufen zu müssen und würden dies vermutlich auch nicht tun. Natürlich gibt es stets ein paar hartgesottene Geizkragen in jeder Schicht, die es sich selbst nicht wert sind, aber ich glaube, das ist wohl eher die Ausnahme als die Regel. 

Ein bißchen wundert mich aber an diesen ganzen Diskussionen, daß nie darüber geredet wird, wie Subventionen eigentlich nur eine Verschiebung der echten Problemlösung sind, denn wenn ausschließlich Geld gezahlt wird, aber nichts an grundlegenden Strukturen geändert wird, entsteht daraus außerdem Abhängigkeit, aber keine im Kern gesunde Wirtschaft. >>In diesem Artikel wird recht gut zusammengefasst, wie es den Bauern wirklich geht und zuerst einmal liest es sich recht positiv, daß durch Subventionen das Höfesterben verlangsamt werden konnte. Klingt wie ein voller Erfolg. Aber wenn man weiter liest, daß das Einkommen der meisten Höfe zwischen 40 und 60 Prozent auf Subventionen beruht, wird mir eher flau in der Magengrube. Wenn ich einen Betrieb führen würde, würde ich ungern bei meinen Einkünften zu einem so hohen Prozentsatz von Geld von außen abhängig sein. Und wenn durch irgendeinen Grund diese Subventionen wegfallen, wäre man wohl mit einem Schlag den Großteil der kleineren Höfe los, die ja am meisten darauf angewiesen sind. In Anbetracht dessen, was man von den "weltherrschaftlichen" Bestrebungen einiger Konzerne und Eliten hört, die gerne alle Wasserressourcen und ebenso alles Land besitzen möchten (vermutlich am liebsten auch noch sämtliche Luft), wäre das wohl ganz in deren Sinne. Und wenn es tatsächlich mal so kommen sollte, daß sämtliche Wasserressourcen und landwirtschaftlichen Flächen in den Händen weniger sind, dann werden wir uns noch umgucken und erleben, wie philanthropisch diese Leute in Wahrheit sind. (Einen Vorgeschmack gab es bereits bei Corona.) Wobei ich mich sowieso frage, warum die im Westen immer Philanthropen genannt werden, während es bei anderen die Oligarchen sind, die sich überall einkaufen. Die wirklich interessanten Fragen sind deshalb: Wie müßten denn die Strukturen aussehen, damit die Höfe gut auf wirklich eigenen Füßen stehen könnten? Und ist es in einer Gesellschaft, die das Märchen von unbegrenztem Wachstum wie das Heilige Kalb vor sich her trägt, überhaupt möglich so eine gesunde Struktur aufzubauen?

Also wenn ich sämtliche Probleme, die wir in unserer Gesellschaft haben, auf die Wurzeln allen Übels zurückverfolge, finde ich dort immer das unbegrenzte Wachstum. Na ja, ich bin kein Experte und vielleicht sind meine Denkprozesse nicht ganz sauber, aber es grinst einem von überall entgegen und ist auf jeden Fall ein Extrem. Und Extreme sind stets ungesund. Das andere Extrem wäre Enteignung und sozialistische Planwirtschaft - ebenso ungesund, wie man gesehen hat. Genauso, wie es stabilen Frieden nur geben kann, wenn alle Interessen und Bedürfnisse berücksichtigt und geachtet werden, indem man versucht, für alle Beteiligte zufriedenstellende Einigungen zu erzielen und diese auch ernst meint, kann es eine gesunde Gesellschaft nur geben, wenn hier ebenfalls die Bedürfnisse aller geachtet werden, inklusive solcher eher psychischen Bedürfnisse wie Selbstverwirklichung, Selbstbestimmung usw. Das ist aber in keinem Extrem der Fall. Normalerweise liegt der Punkt der Balance immer genau in der Mitte zwischen zwei Extremen. Vielleicht bin ich ein Träumer, wenn ich daran glaube, daß auch in menschlichen Gesellschaften solch ein Punkt des flexiblen Gleichgewichts gefunden werden kann. 

Das sind aber mehr philosophische Betrachtungen. Was die Praxis betrifft, bin ich sehr überzeugt davon, daß solch ein Gleichgewicht erst erreicht wird, wenn der Staatapparat unabhängig von der Wirtschaft ist. Ich glaube, ich hatte das schon einmal geschrieben, aber für mich ist das alles gerade ein Prozeß, wie damals, als Staat und die Machtinteressen der Kirche so eng miteinander verwoben waren, daß keine vernünftige Politik für die Menschen gemacht werden konnte. Deshalb war man irgendwann so schlau, Staat und Kirche voneinander zu trennen, zumindest halbwegs. Es fragt sich, ob die Menschen diesmal ebenfalls so schlau sein werden und wie lange so ein Prozeß wohl dauert. Allein die Trennung von Wirtschaft und Staat führt vermutlich auch zu einer Distanzierung vom Mythos des ständigen Wachstums, denn das ist ja im Grunde das Wunschdenken der Konzerne, welches uns alle von einer Krise in die nächste katapultiert. 

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