Der Eichelhäher, bzw. die kichernde Hexe, scheint von Eicheln jetzt auf Walnüsse umgestiegen zu sein. Statt verbuddelten Eicheln finde ich nun halbe Walnüsse in meinen Balkonkästen. Aber auch andere Vagabunden, die ich nicht eingeladen habe, werden dort seßhaft. Jedes Jahr wundere ich mich über Pflänzchen, die garantiert nicht ich dort angesiedelt habe. Manche kenne ich gar nicht, aber zum Glück ist das Bestimmen heutzutage nicht mehr so schwierig, denn es gibt ja Apps. Die eine Pflanze hielt ich für eine Nachtkerze, aber um sicher zu gehen, probierte ich die Flora Incognita-App aus, war jedoch skeptisch, was die Ergebnisse betraf. Denn sie zeigte mir dauernd ein rosa blühendes Drüsiges Weidenröslein an, während Nachtkerzen eigentlich gelb blühen. Zum Zeitpunkt der Bestimmung blühte die Pflanze nicht. Heute aber sehe ich - kleine rosa Blüten. Die App hat somit recht. Immerhin gehört das Weidenröschen zur Familie der Nachtkerzengewächse, ganz so falsch lag ich also nicht. Außerdem "entzifferte" sie eine Schafgarbe, die aber nicht blüht, sowie ein ganz einzelnes einsames Stengelchen Saat-Weizen. Ich hätte dazu eher "Weizengras" gesagt, aber wenn die App meint. Für ein Brot reicht das Stengelchen jedenfalls nicht, auch wenn schon eine saftige Ähre dran ist.
Die Chinesen glauben, daß sich Heilpflanzen dort in der Nähe von Menschen ansiedeln, wo genau diejenige Heilpflanze zur Unterstützung der menschlichen Gesundheit gebraucht wird. Eine lustige Geschichte aus einer Kräuterführung: >>"Als ich einmal mit einer chinesischen Gruppe unterwegs war, fiel ihnen der massenweise auftretende Löwenzahn auf. Die Schlussfolgerung der Chinesen war, dass die Deutschen viel Unterstützung für ihre Leber bräuchten”. Da könnte was dran sein. Übrigens stammt der Löwenzahn ursprünglich von den Hängen des Himalaya und hat sich von dort auf den beschwerlichen Weg bis nach Deutschland gemacht. Jedenfalls lohnt es sich, mal zu recherchieren, was die Pflanzen so anbieten, die ungefragt die eigene Nähe suchen. Was das Weidenröslein betrifft, fand ich ja zuerst ganz schlimme Warnungen, sogar in Rot: "Achtung! Drüsiges Weidenröschen ist eine invasive Art und schädigt die Natur, indem sie die Artenvielfalt bedroht. Bitte pflanze diese Art nicht - vielen Dank!" (Diese Art wandert unkontrolliert in die umliegende Landschaft aus und schädigt die Natur durch eine Reduktion der Artenvielfalt nachhaltig. Möglicherweise ernähren sich von dieser Pflanze nicht spezialisierte Insekten.)
Na ja, erstmal hab ich es nicht selbst gepflanzt und zweitens werde ich es jetzt bestimmt nicht rausrupfen. Ich bin ja froh, wenn überhaupt etwas bei mir wächst. Scheinbar gibt es unter den Vagabunden ebenfalls einige, die extrem polarisieren und denen man alles Böse anhängt, was in der Pflanzenwelt so möglich ist. Irgendwann sind die dann sogar am Bienensterben schuld, weil Monokulturen und Glyphosat in der Landwirtschaft die Artenvielfalt ja so überhaupt nicht gefährden. >>Ich sehe es ebenfalls so, daß das Einwandern von Neophyten nicht zu verhindern ist und sie erst recht nicht auszurotten sind. Zum Glück dürfen Pflanzen sich noch frei bewegen und brauchen keinen Paß. Und wenn Flora und Fauna sich selbst und ihre Aufenthaltsorte nicht verändern dürften, dann gäbe es keine Evolution. Dann gäbe es nicht einmal uns, sondern noch immer ein Urmeer mit lauter Einzellern. Und es gäbe auch keinen Löwenzahn in Deutschland - darüber wäre manch ein Gartenbesitzer vielleicht froh, aber nur, weil er ein Banause ist und köstliches Löwenzahn-Pesto nicht zu schätzen weiß.
Also weitersuchen, was dieser invasive Unhold so zu zu bieten hat. Auf einer Bienenseite heißt es: "Die Attraktivität für Wildbienen ist hoch. Die Attraktivität für Schmetterlinge ist sehr hoch." Ich schätze mal, die Insekten wissen selbst am besten, welche Pflanzen ihnen bekommen und welche nicht, während Menschen gerne glauben, alles für andere besser zu wissen, aber noch nicht einmal sich selbst gesund ernähren können. Dabei haben sich im Laufe der Geschichte auch Menschen an ganz unterschiedliche Nahrungsquellen angepasst. Einige vertragen Milch heute noch nicht, während andere angefangen haben, das dafür notwendige Enzym zu bilden.
Man kann alle Weidenröschen-Arten, auch das Drüsige, roh essen. "Die Blätter sind eine wahre Vitamin C Bombe. Sie enthalten 4 mal mehr Vitamin C als Zitrusfrüchte. Die Blüten und Knospen des Weidenröschens sind ebenfalls essbar. Als essbare Dekoration für Salat verwendet, können sie zusammen mit diesem verzehrt werden." "Die Hauptwirkung des Weidenröschens ist sein günstiger Einfluss auf die Prostata." (Ok, hab ich nicht.) "Weidenröschen Tee gilt traditionell als wirksames pflanzliches Arzneimittel bei Harnwegbeschwerden und Nierenproblemen." "Seid uralter Zeit wird Ivan Chai dort (in Russland) als Heilmittel bei einer Vielzahl von Beschwerden und Krankheiten eingesetzt. Es wird berichtet, dass Ivan Chai besonders effektiv bei Migräne, Schwindel, Herzklopfen und Magenbeschwerden wirken soll. Ebenfalls in Russland, allerdings im Russland der 70er Jahre, wurde eine weitere sensationelle Wirkung von Weidenröschen Tee entdeckt. Die Pflanze regt die Produktion von körpereigenen Interferon an, reguliert die Immunabwehr gegen Tumorzellen und hemmt damit deren Wachstum." Die Russen mal wieder.
Schafgarbe ist ja eigentlich bekannt, aber auch hier gibt es neue Erkenntnisse: "Studien an Tieren zeigen, dass pflanzliche Alkaloide Ausschüttung von Corticosteron reduzieren, einem Hormon, das bei chronischem Stress hoch ist. Humanstudien sind aber weiter erforderlich." "Forschungsergebnisse aus Tierstudien deuten darauf hin, dass Schafgarbe die Symptome bestimmter Gehirnerkrankungen wie Epilepsie, Multiple Sklerose, Alzheimer und Parkinson reduzieren kann. Jedoch stehen auch hier die Bestätigungen durch Humanstudien noch aus."
Ja, steht alles noch aus. Und Mist! Jetzt habe ich gerade den Löwenzahn zwar nicht total ausgemistet, aber schwer reduziert. Meine Leber wird mir das nicht danken. :-)
AntwortenLöschenNa ja, so schnell läßt der sich nicht abschütteln. ;-)
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