Folgende Aussage stammt von Leonardo da Vinci, darüber gestolpert bin ich in der Biographie von Serge Bramly über ihn:
"Und dann beruht die Bildhauerei auf Handarbeit, die ermüdend ist und furchtbar schmutzig macht: das Gesicht des prustenden und schwitzenden Bildhauers gleicht dem eines Bäckers, da es mit Marmorstaub bepudert ist. Man hat den Eindruck, als hätte es auf ihn herabgeschneit. Seine Unterkunft ist verschmutzt und voller Steinsplitter. Ganz im Gegensatz dazu der Maler: 'Er sitzt elegant gekleidet und bequem vor seinem Werk, rührt mit einem leichten Pinsel in angenehmen Farben, [...] wohnt in einem sehr sauberen Logis, und er läßt sich häufig von der Musik oder der Lektüre schöner und verschiedenster Werke begleiten, der er mit viel Vergnügen lauscht, ohne vom Lärm der Hämmer oder anderem Gepolter gestört zu werden.'"
Na ja, Leonardo wußte nicht, wie ich aussehe, wenn ich mit Farben herummantsche. Deshalb suche ich mir schon die saubersten Varianten aus, doch selbst denen würde ich mich nicht in eleganter Kleidung nähern. Aber ich kann verstehen, daß er Schmutz und Schwitzen nicht mag - ich nämlich auch nicht. Schwitzen ist das einzige, was mich am Tanzen stört. Leider bekommt man es nicht ohne Schwitzen. Neulich sah ich ein Video von einer Amerikanerin, welche vor Jahren in Deutschland gearbeitet hat. Sie erzählte darüber, was für ein schönes Land Deutschland einmal war, und daß es in den letzten Jahren sehr den Bach hinunter gegangen ist, gar nicht mehr mit damals vergleichbar. Außerdem daß die Deutschen, sobald sie eine Sauna sehen, dort nackicht hineingehen. Das hätte sie sehr schockiert. Tja, die alten Germanen waren halt auch nicht zimperlich und schwitzten so wie die Wikinger gerne. Ist bei den nordischen Temperaturen vielleicht normal. Die Römer hatten ja Temperaturen, mit denen sie ohne Sauna schon ins Schwitzen kamen. Aber zurück zu Leonardo.
In der Biographie wird darüber berichtet, daß die Marquise Isabella d'Este von Leonardo gerne ein Porträt haben wollte, dieser aber keine Lust hatte, von ihr ein Porträt zu fertigen, weil sie berüchtigt dafür war, daß es ihr nicht um Kunst ging, sondern darum, mit diesen Porträts berühmt zu werden und sie den Malern, die solch einen Auftrag annahmen, ständig kleinliche Vorschriften machte, sie tyrannisierte und an allem herummäkelte. Also nahm er nur eine Zeichnung von ihr, die er ihr in einer Kopie überließ, und machte sich dann aus dem Staub. Isabella hat ihm ständig hinterhertelefoniert geschrieben, und schließlich gebettelt, er sollte ihr doch wenigstens irgendein Bild malen. Aber Leonardo soll darauf gar nicht geantwortet und sie ignoriert haben. Wenn man dann im Internet nach der Zeichnung sucht, findet man diese, >>aber auch Berichte über ein Bild, welches 2015 in einem Schweizer Banksafe aufgetaucht ist, und von welchem vermutet wird, daß es von Leonardo stammt und genau diese Dame darstellt. Dies ist nicht gesichert, obwohl die Übereinstimmung zwischen der Zeichnung und dem Bild unleugbar ist. Mir persönlich fallen ja an den Leonardos immer zuerst die langen, spitzen Finger auf. Was das betrifft, würde das Bild passen. Hat er sich von ihr also doch breitschlagen lassen?
Apropos, Finger. Als sein letztes Bild, von den Kunsthistorikern auch gerne als sein Vermächtnis bezeichnet, gilt das Bild von Johannes dem Täufer. Geht es eigentlich nur mir so, wenn ich dessen Lächeln als extrem anzüglich empfinde? Jedes mal denke ich, wenn ich das Bild sehe, Leonardo hätte genauso gut den ausgesteckten Mittelfinger malen können, dann würde es viel besser zum Lächeln passen. Ich habe allerdings noch nirgends von solch einer offiziellen Theorie gehört, deshalb bleibt es meine eigene inoffizielle Theorie. Leonardo hielt Menschen für bösartig, konnte sowohl der Ehe als auch der Fortpflanzung nichts abgewinnen und fühlte sich oft hintergangen. Glückwünsche an seinen Halbbruder, dem ein Sohn geboren wurde, formuliert er wie folgt: "Ich habe deinem Brief entnommen, daß du einen Erben bekommen hast, ein Ereignis, von dem ich zu verstehen glaube, daß es dir große Freude bereitet hat. In dem Maße jedoch, in dem ich dich mit Vorsicht begabt glaubte, bin ich nunmehr davon überzeugt, daß ich ebenso weit davon entfernt bin, scharfsinnig zu urteilen wie du davon, vorsichtig zu sein. Denn du beglückwünschst dich, einen wachsamen Feind gezeugt zu haben, dessen sämtliche Kräfte auf eine Freiheit zielen, die er erst mit deinem Tod gewinnt." Angesichts von Leonardos Misanthropie, stelle man sich nicht einmal so abwegig vor, ein okkulter, im Lächeln angedeuteter Mittelfinger wäre sein wirkliches Vermächtnis. Das hätte etwas Komisches, wenn heute die Kunsthistorie behauptet, daß Johannes der Täufer nach oben "auf die Quelle dessen deutet, was ihn verwundert und was er nicht greifen kann", auf die Grenzen menschlichen Wissens. >>Im übrigen kannte man die Geste des 'Stinkefingers' schon bei den alten Römern, also lange vor Leonardo.
Es gab sogar Kunsthistoriker, die in der Mona Lisa ein Bildnis der Isabella d'Este sehen wollten, was ich ziemlich weit hergeholt finde, denn dann hätte Leonardo sicherlich nicht die vorliegende Skizze gefertigt, sondern eine, die dem Gemälde entspricht. Eine hübsche Geschichte über die Mona Lisa ist diese: "Dagegen hatte ein Wärter des Louvre sich in die Mona Lisa, die er bewachen sollte, so sehr verliebt, daß er sich mit ihr unterhielt, neidisch auf die Touristen reagierte, die sich ihr zu sehr näherten, und manchmal behauptete, sie beantworte deren Lächeln - der Mann wurde in Rente geschickt." Dabei ist die Mona Lisa heute nicht einmal mehr das, was sie einmal war. Vasari, der als erster Kunsthistoriker bekannt ist, von 1511 bis 1574 lebte und ebenfalls eine Biographie Leonardo da Vincis verfasste, beschrieb die Mona Lisa so: "...Augen hatten Glanz und Feuchtigkeit, wie wir es im Leben sehen; rings umher bemerkte man die rötlich blauen Kreise und Wimpern, welche nur der zarteste Pinsel ausführen kann; bei den Brauen sah man, wo sie am vollsten, wo am spärlichsten sind, wie sie aus den Poren der Haut hervorkommen und sich wölben, so natürlich, als nur zu denken ist. An der Nase waren die feinen Öffnungen rosig und zart aufs treueste nachgebildet, der Mund hatte, wo die Lippen sich schließen, und wo das Rot mit der Farbe des Gesichts sich vereint, eine Vollkommenheit, daß er nicht wie gemalt, sondern in Wahrheit wie Fleisch und Blut erschien; wer die Halsgrube aufmerksam betrachtete, glaubte das Schlagen der Pulse zu sehen." Die Haut besitzt heute einen häßlichen grünen Widerschein und vom Rot der Lippen, dem Gesichtsteint, den Adern und den feinen Wimpern ist nichts übrig. Dies alles befand sich vermutlich in den leonardotypischen Lasuren, die ein Restaurator irgendwann einmal ausgewaschen hat.
(alle Zitate stammen aus >>"Leonardo da Vinci - Eine Biographie" von Serge Bramly - bezahlter Link)
Kommentar von fb
AntwortenLöschenAngela Meinz: Der Johannes gilt ja eher als Werkstattarbeit...
Zucker: Darüber gibt es sehr unterschiedliche Ansichten. In der Biographie heißt es, es gab ein Vorläufer-Werk, einen Bacchus, das eine Werkstattarbeit gewesen ist und Leonardo hat einige Elemente daraus für den Täufer übernommen.