Das Wetter heute konnte man sich direkt schön trinken denken, denn es regnete nicht in Strömen und auch nicht aus Eimern. Es war nur kälter als sonst und gab einen ganz leichten Niesel-Sprühregen, der im Gesicht so eisig prickelt. Das erinnerte mich an Ostsee. Deshalb hängte ich meine Hängematte draußen auf, wickelte mich in meine Plüsch-Manteldecke und genoß so den Nieselregen. Wenn man die Augen zumacht und die kalten Sprühtröpfchen im Gesicht und an den Beinen spürt, kann man die Ostsee fast schon riechen. Danach gab es noch ein Eisbad für die Beine. Bei diesem Wetter sonntags auf dem Balkon zu sein hat auch den Vorteil, daß es Nachbarn nicht sind, und man deshalb davon verschont bleibt, sich Videos oder Sendungen mit anhören zu müssen, die von anderen ohne Kopfhörer geschaut werden. Da kann man dann tatsächlich mal wieder nur dem Rauschen der Bäume lauschen.
Gestern las ich von einem interessanten Projekt in Berlin. Eine Einladung zur Stille. Vom 1. bis 17. August verwandelt sich das Kraftwerk Berlin in der Köpenicker Straße einen öffentlichen Rückzugsort. Kostenfrei, offen für alle, und still. In der 100 Meter langen Turbinenhalle aus Beton und Stahl darf nicht gesprochen, nicht telefoniert und nicht gegessen werden. Stattdessen wird hier geschwiegen, geatmet, beobachtet. Das Kraftwerk wurde 1961 gebaut, um Ost-Berlin mit Energie zu versorgen. Heute ist es ein Ort für Kunst, Klang und Film. Für zwei Wochen wird daraus ein stiller Raum – mitten in der Stadt. Ich könnte mir vorstellen, daß dies für viele eher schwierig wird, nicht zu sprechen und nicht zu telefonieren. Für mich wird es eher schwierig, nicht zu essen, vor allem wenn man mir sagt, daß ich es nicht darf. Dann fange ich nämlich sofort an, daran zu denken. Sogar jetzt, wenn ich nur davon schreibe, mußte ich gleichmal in die Küche und mir das Vanille-Mandelmus holen (dieser Beitrag hat mich ein halbes Glas gekostet). Aber vermutlich gibt es auch noch mehr seltsame Gestalten wie mich, die sich häufiger von dem vielen menschengemachten Lärm und Gesabbel belästigt fühlen und die Stille genießen. Allerdings könnte ich mir dafür schönere Orte vorstellen als innerhalb von dicken Betonmauern, nur daß direkt in der Stadt solche Orte draußen halt sehr rar sind. Von daher - besser als gar nichts. Der Lärm, den Wellen machen, oder Bäume, oder Vögel, stört mich komischerweise nicht. Außer es sind liebestolle Ringeltauben auf meinem Balkon. Die sind aber auch immer sehr zeitig dran mit ihren Balz-Orgien.

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